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Potsdam-Mittelmark: „Die Äpfel gingen weg wie nichts“ Gedenkstein erinnert an Michendorfs Obstbau
Michendorf - Jahrelang gammelte er im Keller vor sich hin – ein Stein, den die Nazis 1935 in Michendorf zusammen mit einem Apfelbaum zur Einweihung der Gemeindeverwaltung haben aufstellen lassen. Auf der schweren Platte steht: „Pflanz einen Baum und kannst du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten tanzt, bedenke Mensch, es haben deine Ahnen eh sie dich kannten, auch für dich gepflanzt.
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Michendorf - Jahrelang gammelte er im Keller vor sich hin – ein Stein, den die Nazis 1935 in Michendorf zusammen mit einem Apfelbaum zur Einweihung der Gemeindeverwaltung haben aufstellen lassen. Auf der schweren Platte steht: „Pflanz einen Baum und kannst du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten tanzt, bedenke Mensch, es haben deine Ahnen eh sie dich kannten, auch für dich gepflanzt.“
Jahrelang hatte der Michendorfer Heimatverein um die Wiederaufstellung des Gedenkstein gekämpft, jetzt erinnert er wieder in aller Öffentlichkeit an die Obstbautradition der Region. Ein junges Apfelbäumchen steht seit knapp einer Woche zusammen mit dem Stein vor dem Rathaus, einige Meter weiter ist das Gemeindezentrum, auch das hat in seinem Namen den Apfelbaum verewigt.
Michendorf und seine Obstbauern – viele Bewohner würden diesen Teil der Ortsgeschichte nicht mehr kennen, sagt Ortschronist Hans-Joachim Strich. „Dabei gingen die Äpfel aus Michendorf auf den Berliner Wochenmärkten weg wie nichts.“ Bis zu 80 Obstzüchter hatte der Garten- und Obstbauverein in den 20er- und 30er Jahren. „Angefangen hatte es bereits im 19. Jahrhundert“, so Strich.
Die Michendorfer wollten den Obstbauern aus Werder und Caputh nacheifern. „Obstbauer zu sein steigerte das Prestige und den Umsatz.“ Daher pflanzten die Michendorfer in ihren Gärten Äpfel, Birnen, Pflaumen und Sauerkirschen. Die frostanfälligen Süßkirschen und Pfirsiche wuchsen nur rund um den Herthasee und auf den Wiesen hinter der Schul- und Luckenwalder Straße. Mit dem ersten Weltkrieg versiegte jedoch der Obstanbau in Michendorf.
Der Apfel hat es indes ins Michendorfer Wappen geschafft. Gleich sieben davon würden an die ersten sieben Obstzüchter des Ortes erinnern, so Strich. Während auch das Wappen laut dem Ortschronisten zur Nazizeit eingeführt wurde, hatte der Gedenkstein zuletzt für Anstoß gesorgt: Stand er zu DDR-Zeiten noch, wollte ihn die Gemeindeverwaltung nach der Wende nicht mehr haben.
„Der Stein und der alte deutsche Spruch darauf sind zeitlos“, verteidigt Strich den Einsatz des Heimatvereins, die Steinplatte wieder aus der Versenkung hervorzuholen. Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) hat im Stein-Streit vermittelt und angeboten, die Platte vor das Rathaus zu stellen. Ursprünglich wollte sie der Heimatverein vor dem Gemeindezentrum neben dem dortigen Apfelbaum aufstellen lassen. Eva Schmid
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