Aus dem GERICHTSSAAL: Die Axt im Autodach
Schuldeneintreiber versetzte Familie in Angst / Geldstrafe und Schmerzensgeld
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Stahnsdorf – Am Ende steht Aussage gegen Aussage. Weil der angeklagte Detektiv bislang nicht vorbestraft ist, glaubt der Staatsanwalt, der als Schuldeneintreiber Tätige leiste stets saubere Arbeit und fordert Freispruch. Der einzige Zeuge versteht die Welt nicht mehr und stöhnt: „Das darf nicht wahr sein!“ Das Urteil der Richterin – 2400 Euro Geldstrafe wegen versuchter Nötigung sowie eine noch festzusetzende Summe an Schmerzensgeld – gibt ihm den Glauben an Recht und Gesetz zurück.
Bernd B.* (41), seit über 12 Jahren Inhaber einer Berliner Detektei, soll im Herbst 2005 im Auftrag des Stahnsdorfer Bauunternehmers Siegfried S.* unangemeldet bei dem ebenfalls in Stahnsdorf wohnenden Elektromeister Dietmar D.* aufgetaucht sein, um vermeintliche Verbindlichkeiten einzutreiben. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, soll der Detektiv dem angeblichen Schuldner gedroht haben, ihn einen Kopf kürzer zu machen, wenn er nicht bald zahle.
„Kurz nach diesem Besuch wurden wir nachts durch Lärm geweckt. Meine Frau guckte aus dem Fenster und sagte, da steckt eine große Axt in unserem Autodach. Das war von mehreren Hieben eingedellt“, erzählt Dietmar D. im Zeugenstand. „Ein paar Tage später erschien der Angeklagte erneut bei mir zu Hause und sagte, du hast ja gesehen, was passiert, wenn man nicht zahlt.“ Seitdem lebe die gesamte Familie in Angst. „Wir haben das Haus verbarrikadiert. Mein Sohn wacht regelmäßig nachts auf.“
„Haben Sie denn Schulden bei dem Bauunternehmer?,“ fragt die Amtsrichterin. Dietmar D. verneint. „Ich war damals technischer Leiter einer Firma, die als Subunternehmer für Siegfried S. tätig war. Die Forderungen richten sich gegen die Firma.“ Dies – so Dietmar D. – habe er dem Angeklagten, der sich namentlich nicht vorstellte, bereits bei seinem ersten Besuch erklärt.
„Weshalb sollte ich mir auf meine alten Tage so etwas leisten?“, fragt Bernd B. auf der Anklagebank. Die Vorsitzende kontert: „Schuldeneintreiber haben nun einmal nicht den besten Ruf. Wie Sie arbeiten, weiß ich natürlich nicht.“
„Ich halte das, was hier abläuft, für eine absolute Räuberpistole“, beschwert sich der Detektiv. „Ich habe niemanden bedroht. In der Branche ist bekannt, dass ich als Bindeglied zwischen Gläubiger und Schuldner tätig bin. Die Herren S. und D. sollten sich lediglich an einen Tisch setzen und reden“ begründet Bernd B. seine erste Visite. Plausibles fällt ihm zu seinem zweiten Besuch nicht ein. „Mit der nächtlichen Axt-Aktion habe ich nichts zu tun“, beteuert er.
Die Richterin glaubt ihm nicht. „Sie müssen die Axt gar nicht selbst geschwungen haben. Es spricht einiges dafür, dass Sie zumindest wussten, was mit dem Auto geschah“, so ihre Annahme. Dass der Angeklagte den Zeugen wirklich töten wollte, hält auch sie nicht für möglich. Ziel des Ganzen sei gewesen, Geld einzutreiben, und das um jeden Preis. (*Namen von der Redaktion geändert.)Hoga
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