
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Die Blackbox im Handschuhfach
Eine Teltower Firma hat ein System entwickelt, das Kraftfahrern beim Spritsparen hilft und Reifen schont
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Teltow - Es ist leichter als eine Tafel Schokolade und strenger als die Schwiegermutter. Eine kleine schwarze Box im Handschuhfach piepst laut auf, wenn die Kurve mit quietschenden Reifen genommen, an der Ampel abrupt gebremst oder zu schnell angefahren wird. Die Erfindung der Teltower Firma Peitel reagiert sofort, wenn das Fahrverhalten zu wünschen übrig lässt. Das Piepsen hört auf, sobald der Fahrer etwas Gas wegnimmt und vorausschauender fährt.
„Die Box ist der freundliche Beifahrer, der einen auf Fahrfehler hinweist“, erklärt Peitel-Geschäftsführer Thomas Martin. Fahrfehler würden nicht nur zu erhöhtem Spritverbrauch führen, sondern auch das Fahrzeug belasten. Besonders in der Transportbranche seien hohe Kosten die Folge. „Wir hören immer wieder, dass der Reifenverschleiß von Lastwagen ein großes Problem ist.“ Die rund 400 Euro teure Box trage unter anderem dazu bei, dass sich die Lebensdauer eines Lkw-Reifens verdoppeln könne.
Auch in Autos kann „Ecobart“, wie Peitel seinen Kontrollkasten nennt, zum Einsatz kommen – hier zählt vor allem der Spritverbrauch. Ein Vergleichstest über 100 Kilometer mit zwei gleichen Automodellen der Marke Audi habe ergeben, dass der Fahrer mit der Box am Ziel deutlich mehr Sprit im Tank übrig hatte als der Wagen ohne Box. „Auf 100 Kilometern können bis zu drei Liter weniger verbraucht werden, zudem trainiert Ecobart ein effizientes Fahrverhalten“, sagt Martin.
Autofahrer müssen sich jedoch noch etwas gedulden. Die Box wird erst Ende September auf der Internationalen Automobil-Ausstellung Nutzfahrzeuge (IAA) in Hannover Spediteuren und Lkw-Herstellern vorgestellt. „Wir wollen erst mal sehen, wie der Ecobart von ihnen angenommen wird“, sagt der Peitel-Chef. Danach mache man sich über die Vermarktung an Autofahrer Gedanken. Bereits seit Juli fahren die ersten 40 bis 60 Laster probehalber mit dem Kontrollkasten durch Deutschland.
Anderthalb Jahre haben die Peitel-Entwickler an dem kleinen Gerät getüftelt. Im Inneren der Box ist eine kleine Leiterplatte installiert, darauf ein Chip, daneben erheben sich kleine zylinderförmige Sensoren. Die Sensoren überprüfen in kürzester Zeit das Fahrverhalten. „Der Chip ermöglicht die Programmierung auf einen Fahrzeugtyp“, erklärt Martin, denn Bremsweg, Anfahrtsweg oder Neigungswinkel fallen von Fahrzeugmodell zu Fahrzeugmodell unterschiedlich aus.
Auf der IAA stellt Peitel auch ein einfaches Auswertungssystem mithilfe von Navigationssystemen vor. Damit kann der Spediteur im Nachhinein nachvollziehen, wie oft und wo sein Brummifahrer mal wieder zu stark Gas gegeben hat. „Das soll aber nicht zur Bestrafung oder Überwachung der Fernfahrer führen“, so Geschäftsführer Martin. Vielmehr sollten vorausschauende Mitarbeiter belohnt werden. „Denkbar wäre ein Anreizmodell, immerhin sparen die Speditionen Geld durch vorsichtige Fahrer.“
Mittlerweile sei der Markt an Auswertungsinstrumenten übervoll. Ein System, das sofort auf Fehler reagiere, gebe es bisher aber nicht. „Darin liegt aus unserer Sicht der Vorteil“, so Martin. Den Fahrstil anzupassen sei einfach und gehe schnell. „Wer möchte, kann immer noch mit Höchstgeschwindigkeit über die Autobahn fahren, die Box achtet nur auf die Fahrfehler.“
Im Labor der Firma für Kommunikationssysteme sitzen Entwickler vor großen Rechnern. Leiterplatten werden verschraubt und jedes Produkt vor dem Versand geprüft. Die seit 1991 bestehende Firma mit ihren 42 Mitarbeitern produziert neben Telematiksystemen auch Mikrofone und Lautsprecher, die auf deutschen Bahnhöfen zum Einsatz kommen.
Auch Relikte aus einer anderen Zeit werden in Teltow noch hergestellt. In den vielen Kisten, die sich im Firmenlager türmen und die nach England, Rumänien oder in die skandinavischen Länder verschickt werden, liegen schlanke Autotelefone. „Als Nokia und Motorola vor drei Jahren aus dem Markt ausgestiegen sind, sind wir eingestiegen“, so Martin. Er weiß, dass die meisten, denen er von den Autotelefonen erzählt, ihn erstaunt anschauen. „Man denkt, das braucht heute kein Mensch mehr – aber das stimmt nicht.“ Der Verkauf von Autotelefonen habe sich zum Nischenmarkt entwickelt.
Gegenüber Mobiltelefonen hätten die handlichen Apparaturen mehrere Vorteile, erklärt der Peitel-Chef: kein störender Empfang, kein abgehacktes Freisprechen und keine Strahlung im Auto. Die Autotelefone kommen in Polizei- oder Feuerwehrautos zum Einsatz, auch Paketdienste und Förster bestellen die Teltower Telefone.
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