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Schneller Griff. Meist wird der Autoschlüssel direkt im Eingangsbereich abgelegt. Das nutzen die Diebe aus. Wenn sie einbrechen, greifen sie blitzschnell zu und fahren dann mit dem Luxusauto davon. Auch in Stahnsdorf wird das mittlerweile zum Problem.

© A. Klaer

Potsdam-Mittelmark: Die böse Überraschung am Morgen

Die Autodiebe kommen meist nachts. Doch statt das Auto zu knacken, brechen sie in das Haus ein und holen sich so den Schlüssel

Von Eva Schmid

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Stahnsdorf - Der Schlüssel lag zum Greifen nah: Als Sabine Malitz aus Stahnsdorf von einer Reise zurück nach Hause kam, stand ihr Auto nicht mehr auf dem Parkplatz vor ihrem Haus. Drei junge Männer sind damit davongebraust. Die Tochter der 55-jährigen Stahnsdorferin öffnete ihnen sogar noch die Tür. Sie lenkten das Mädchen kurz ab und griffen zu - der Autoschlüssel eines BMW X3er lag keine zwei Schritte entfernt, auf einer Ablage an der Garderobe. Das geschah vor drei Jahren. Vor einem Jahr wurde der Autoschlüssel aus einem Haus in der Stahnsdorfer Bahnhofstraße gestohlen, erinnert sich eine Nachbarin von Sabine Malitz. Und erst vor wenigen Wochen schlugen Autodiebe in der Stahnsdorfer Falkenstraße erneut zu: Unbemerkt von der im Obergeschoss schlafenden Familie haben sie das Schloss der Hauseingangstür aufgebrochen. Aus einer Handtasche stahlen sie die Schlüssel für einen Audi A 5, der vor der Haustür stand, und fuhren damit davon.

Homejacking - so nennt man Autodiebstähle, bei dem die Diebe erst ins Haus einsteigen, dort die Schlüssel und Fahrzeugpapiere entwenden und dann mit dem Wagen davonfahren. Der Grund: Die Wegfahrsperren moderner Autos sind immer schwerer zu überlisten. Deshalb gehen die Diebe mittlerweile dazu über, nur die Schlüssel zu stehlen. Mehr Sicherheit für das Auto hat somit zu mehr Gefahr für dessen Besitzer geführt. Denn eingebrochen wird meist nachts, dann nämlich steht das Auto vor der Tür, die Autoschlüssel sind im Haus. Problematisch wird es, wenn sich Diebe und Hausbesitzer womöglich beim Einbruch begegnen. Dann solle man auf keinen Fall den Autoschlüssel verteidigen, sondern wenn möglich die Polizei rufen, rät Polizeisprecherin Jana Birnbaum.

„Die Diebe gehen zudem gezielt vor“, so der Pressesprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Stephan Schweda. In der Regel würden sie ihre Opfer eine Zeit lang vorher beobachten: „Ideal, aus Verbrechersicht, sind teure Luxusautos“, so Schweda. Meist greifen die Diebe zu Audi, BMW oder Mercedes, die Besitzer vor freistehenden Einfamilienhäusern in ruhigen Vierteln mit guter Autobahnanbindung abstellen. Ähnlich ist die Situation auch in der Stahnsdorfer Falkenstraße. Dort reihen sich Einfamilienhäuser aneinander, auf der Straße oder im Carport stehen die Wagen. Eine Garage hat dort fast niemand.

In der Region Teltow, in Schwielowsee, Werder (Havel) und Nuthetal wurden in diesem Jahr bereits vier Autos bei Einbrüchen in Einfamilienhäuser gestohlen. Im letzten Jahr waren es sechs. Ob es sich dabei aber immer um Homejacking-Übergriffe handelt, ist unklar. „Es können auch Zufallsdiebstähle gewesen sein oder die Autos wurden entwendet, um Diebesgut abzutransportieren oder vom Tatort zu fliehen“, so Polizeisprecherin Jana Birnbaum. Nur wenn die Täter geschnappt werden und aussagen, könne der konkrete Nachweis, dass es sich um Homejacking handelte, erfolgen. Auch der Dachverband der Versicherer hat dazu keine konkreten Zahlen. „Selbst das Bundeskriminalamt listet in der Statistik für Autodiebstähle Homejacking noch nicht als landesweite Kategorie auf“, so der Pressesprecher des Versicherungsverbandes. Homejacking sei in Nachbarländern wie Belgien, Holland oder Frankreich bereits ein massives Problem: „In Brüssel rät die Polizei den Bürgern inzwischen, ihre Autoschlüssel möglichst direkt neben der Eingangstür aufzubewahren, damit die Diebe nicht die Wohnung durchsuchen und den Opfern begegnen“, erklärt Schweda.

Sabine Malitz legt seit dem Autodiebstahl ihren Autoschlüssel nicht mehr in die Nähe der Haustür ab. „Aber ich will den auch nicht in einem Tresor einschließen“, so die 55-Jährige. Sie will keine Angst haben und hat, nachdem ihr Auto gestohlen und einige Jahre zuvor bei ihr eingebrochen wurde, ihre Einbruchssicherung nicht verstärkt. „Ich kenne das von mir selber, wenn der Alarm irgendwo losgeht, dann kümmert man sich doch meistens nicht darum.“ Ganz anders sieht es ihre Nachbarin: Schon öfters wurde in Häuser in ihrer Straße eingestiegen. Versuchen es die Diebe bei ihr, geht der Alarm bei einem Wachschutz los. Am liebsten wäre beiden Frauen eine Garage: „Leider sind die Grundstücke hier zu schmal“, sagt Sabine Malitz. Immerhin hatte die Stahnsdorferin Glück im Unglück: Ihr Auto wurde nach einem halben Jahr in Berlin wiedergefunden.

Eva Schmid

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