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Großes Geläut. Die größten Glocken des Chores sind mehrere Kilogramm schwer. Mit ihren ungewöhnlichen Instrumenten traten die Caputher bereits in der Dresdner Frauenkirche, der Berliner Philharmonie und der Rostocker Freilichtbühne auf. Für die ersten Glocken des Chores sammelte eine Kirchengemeinde im US-Bundesstaat Indiana.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Die Friedensglocken vom Schwielowsee

Der Caputher Handglockenchor feiert sein 25-jähriges Bestehen und ist weit über den Ort hinaus bekannt. Alles begann mit Besuchern aus den USA

Von Enrico Bellin

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Schwielowsee - Durch den Gebetsraum des Caputher Gemeindehauses schwebt ein Klangteppich. Messingglocken verschiedenster Größe, vom hell tönenden Mini-Glöckchen bis zur mehrere Kilogramm schweren, dröhnend-wuchtigen Glocke, hüllen den Raum in eine nahezu mystische Stimmung. Geschwungen werden sie in einer Choreografie der 17 Mitglieder des Caputher Handglockenchores, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum feiert.

Für das Spiel ist großer Gemeinschaftsgeist notwendig. „Wir sind wie Klavierspieler, die jeweils nur wenige Tasten des gleichen Klavieres anschlagen“, beschreibt Gisela Müller, die Frau des Chorleiters Hans-Joachim Müller, das Besondere am Handglockenchor. Jedes Mitglied spielt vier Glocken, zwei halbe und zwei ganze Töne. Wer seinen Einsatz verpasst, ruiniert den Rythmus aller. Daher probt der Handglockenchor derzeit zweimal wöchentlich, schließlich muss zum Jubiläum ein neues Potpourri einstudiert werden, das Hans-Joachim Müller aus verschiedenen Stücken wie Mozarts kleiner Nachtmusik für den „Peace Bell Choir Caputh“ zusammengestellt hat, die zum ersten Mal zu Pfingsten öffentlich zu hören sein wird.

Der englische Name des Chores beruht auf dessen Geschichte. Im Jahr 1987 bekamen die Caputher Besuch von einem Festival Choir aus Fort Wayne aus dem US-Bundesstaat Indiana. „Die hatten ihre Handglocken mit und sind mit strengen Auflagen aus Westberlin nach Caputh gekommen“, sagt Hans-Joachim Müller. Er und andere Gemeindemitglieder waren sofort begeistert von den Instrumenten. Die Amerikaner beeindruckte diese Begeisterung so sehr, dass sie in ihrer Heimat eine Spendenaktion für die Freunde in Ostdeutschland starteten und bei einem weiteren Besuch im Jahr 1989 den Caputhern einen Satz Messingglocken im Wert von 70 000 Ostmark schenkten. Das war die Initialzündung zum eigenen Chor.

Die Glocken von damals sind auch heute noch im Einsatz. Bekannt sind deren Klänge inzwischen weit über Caputh hinaus: Neben Auftritten im großen Saal der Berliner Philharmonie oder der Rostocker Freilichtbühne, die Platz für 20 000 Zuschauer bietet, zählt ein Auftritt in der Dresdner Frauenkirche zu den bisherigen Höhepunkten der Chorgeschichte. Das war kurz nach der Wiedereröffnung der restaurierten Kirche. „Unsere Handglocken haben da in einem herrlichen Gemenge mit den großen Glocken der Kirche gespielt“, so Gisela Müller.

Im Gegensatz zu den massiven Kirchenglocken sind die Instrumente jedoch sehr empfindlich. Die Chormitglieder tragen beim Spielen stets Handschuhe, da die Feuchtigkeit der Hände sonst den Klang der Messingglocken beeinflussen würde. Jeder Sturz könnte zu einem Sprung im Glockengehäuse führen, der sie unbrauchbar macht. Da die einzelnen Glocken zwischen 500 und 1000 Euro kosten, wäre auch der finanzielle Schaden beträchtlich. So teuer werden sie unter anderem durch eine spezielle Halterung für den Klöppel, die dafür sorgt, dass dieser nur in eine Richtung schwingen kann und sich die Töne so besser steuern lassen. Bei den inzwischen 25 Jahre alten Glocken sind diese Halterungen nun verschlissen und müssen umständlich aus den USA eingeführt werden. Nur so können die Glocken noch lange durch Caputh schallen.

Genügend Glockenspieler sind jedenfalls vorhanden. Zwar leidet auch der Chor wie andere Vereine unter dem Wegzug der Jugend, doch sind die meisten Altersklassen vertreten. „Die Glocken können auch von Leuten gespielt werden, die nicht mehr die Geduld haben, Geige oder Gitarre zu lernen“, so Chorleiter Müller. Nur ein gutes Rythmusgefühl müssen Interessierte mitbringen. Auch die Fähigkeit, Noten zu lesen, ist von Vorteil – sonst würde man seine Einsätze verpassen, da alle den gleichen Notenzettel in die Hand bekommen.

Wer dann beim Glockenspiel auf den Geschmack gekommen ist und weitere Instrumente lernen will, kann das auch gleich im Caputher Gemeindehaus. Neben dem „Peace Bell Choir“ gibt es eine Gruppe, die metallene Klangstäbe spielt. Und wer auf größeres Blech wechseln will, kann sich dem Posaunenchor anschließen. Auch der wird von Hans-Joachim Müller geleitet.Enrico Bellin

Der nächste Auftritt des Handglockenchores ist die Konfirmationsfeier zu Pfingsten in der Caputher Kirche. Bei den Caputher Musiken tritt der Chor am 5. Juli auf.

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