Aus dem GERICHTSSAAL: „Die haben mir uff’n Kieker!“ Sechs Monate Haft für elffach vorbestraften Mann
Werder (Havel)– Der Wind blies an jenem Apriltag so heftig durch Werders Straßen, dass die Radfahrer reihenweise abstiegen. Nur Hugo H.
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Werder (Havel)– Der Wind blies an jenem Apriltag so heftig durch Werders Straßen, dass die Radfahrer reihenweise abstiegen. Nur Hugo H.* hielt sich wacker auf seinem Drahtesel, fuhr ausnahmsweise mal keine Schlenker, dafür aber mit Licht. Das machte einen Streifenpolizisten stutzig, schließlich war der 51-Jährige im Kollegenkreis für seine „Trunkenheits-Ritte“ bekannt. Vorsichtshalber kontrollierte der Beamte den Rentner. 2,48 Promille wies die Hugo H. wenig später entnommene Blutprobe auf. Achtmal wurde der Werderaner bereits wegen Alkohols am Lenker bestraft, dreimal wegen Diebstahls. Mehrfach saß er im Gefängnis. Da muss er demnächst wieder hin. Das Amtsgericht unter Vorsitz von François Eckardt verurteilte den Alkoholiker jetzt wegen Trunkenheit im Verkehr sowie Fahrraddiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. „Das können Sie vergessen. In den Knast gehe ick nicht mehr. Ick lege Berufung ein“, verkündete Hugo H. nach dem ersten Schreck.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft sechs Taten zwischen April und Juni 2011 angeklagt, bei denen Hugo H. mehr als angeheitert auf seinem Rad erwischt wurde. Drei Fälle wurden während der Verhandlung zu seinen Gunsten eingestellt. Auf die Strafhöhe hatte das allerdings keinen Einfluss. „Die haben mir uff`n Kieker. Ick trinke höchstens zwei Bier. Sobald die mir sehen, werde ick kontrolliert. Das ist Schikane“, beschwerte sich Hugo H. lautstark. Dann drohte er: „Denen haue ick eene aufs Maul im Dustern.“
Auch die Warnung des Richters, ihn wegen ungebührlichen Verhaltens in die Arrestzelle zu stecken, konnte den Angeklagten nicht bremsen. Statt dessen erklärte er: „Und eene Kalaschnikow besorge ick mir ooch noch.“ Den Vorwurf des Fahrraddiebstahls am 13. Juni 2011 bezeichnete er als Schwachsinn. „Ick habe mir das Rad nur jeborgt und es wieder zurückjebracht“, versicherte Hugo H. Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter überführte ihn allerdings der Lüge. „Wir erhielten einen Funkspruch, dass das Rad in der Brandenburger Straße entwendet wurde. Zufällig sah ich den Herrn, der mir wohlbekannt ist, wenig später mit dem Gefährt. Da hatte er auch schon wieder mehr getrunken, als ihm guttat“, so der Polizist. Das Rad wurde der Eigentümerin zurückgegeben, allerdings von dem Ordnungshüter.
Der psychiatrische Gutachter attestierte Hugo H. eine normale Intelligenz. Doch habe jahrzehntelanger Alkoholmissbrauch deutliche Spuren im Körper des ehemaligen Maurers hinterlassen. Es sei nicht auszuschließen, dass er während der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit vermindert gewesen sei. Eine Alkoholtherapie sei „aufgrund der Erfolglosigkeit nicht zu befürworten“.
„Sie reißen sich einfach nicht am Riemen. Da müssen wir Sie wegsperren. Im Übrigen kommen die Polizeibeamten nur ihrer Pflicht nach, wenn sie Sie kontrollieren. Schließlich gefährden Sie im betrunkenen Zustand nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer“, betonte Richter Eckardt. (*Name geändert)Hoga
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