Potsdam-Mittelmark: Die Hausmacht wächst auch ohne Wahlen Stahnsdorfs Bürgermeister ist stark wie nie – und trotzdem nervös. Eine Analyse von Tobias Reichelt
Wenn am 25. Mai die Stahnsdorfer ihre neue Gemeindevertretung wählen, könnte zumindest einer auf den Wahlstress gut verzichten: Bürgermeister Bernd Albers.
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Wenn am 25. Mai die Stahnsdorfer ihre neue Gemeindevertretung wählen, könnte zumindest einer auf den Wahlstress gut verzichten: Bürgermeister Bernd Albers. Dass seine Wählergruppe, die Bürger für Bürger, auch ohne Wahlen zulegen kann, hat sie gerade bewiesen: Die halbe Stahnsdorfer SPD-Fraktion, Ruth Barthels, Britta Engelmann-Hübner und Silke Kuck-Schellhammer, waren mit einem Paukenschlag übergelaufen. Die BfB-Fraktion wurde dabei fast doppelt so groß, keine Mehrheit, aber eine hübsche Hausmacht für Albers. Also warum jetzt wählen?
Bei aller Freude über den Coup, den Albers nur mit einem Lächeln kommentiert, lässt sich bei dem 45-Jährigen derzeit Nervosität nicht leugnen. Seit er im Bürgermeistersessel sitzt, zieht er geschickt die Fäden und verdonnert die etablierten Kräfte von CDU und SPD häufig zum Zusehen. Darunter hatte das politische Klima zu leiden. Neid kam auf, schlechte Stimmung und anonyme Korruptionsvorwürfe gegen den Bürgermeister. Obwohl sie teilweise bereits entkräftet wurden, kratzt das an Albers Image – und ausgerechnet jetzt kriecht ihm ein alter Bekannter wieder in den Nacken: Ex-Bürgermeister Gerhard Enser.
Der Name des CDU-Politikers löst bei Stahnsdorfern noch immer die unterschiedlichsten Reaktionen aus: von leuchtenden Augen bis zum Abwinken. Populär ist er allemal und für viele Stimmen gut. Wie viele, das wird sich zeigen, denn Albers ist bereits zum Gegenangriff übergegangen. Im Stile seines Vorgängers hat er die Wahl zur Abstimmung über seine Bürgermeisterpolitik ausgerufen. Albers steht auf Listenplatz eins der Wählergruppe, obwohl er das Mandat nur annehmen kann, wenn er sein Amt niederlegt – wovon nicht auszugehen ist.
Im Gegenteil, Albers will in den letzten drei Jahren seiner Legislaturperiode angreifen. Großprojekte, wie eine neue Feuerwehr und ein Bürgerhaus hat er zeitlich so geschickt angeschoben, dass sie ihm als Erfolg ausgelegt werden können. Was also hat er zu fürchten? Eigentlich nichts.
Die SPD als ehemals zweitstärkste Kraft im Rathaus schleppt sich zur Wahl: 16 Kandidaten stehen auf der Liste, das sind halb so viele wie die BfB. Sogar die FDP bringt es auf 15 Unterstützer. Und dann fehlen den Sozialdemokraten ihre drei stimmgewichtigen Frauen. Ruth Barthels gewann im Jahr 2008 mit 1302 Stimmen so viele wie kein anderer Kandidat in Stahnsdorf. Auch Britta Engelmann-Hübner und Silke Kuck-Schellhammer konnten zusammen über 600 Stimmen ziehen.
Die CDU trumpft neben Gerhard Enser mit ihrem Spitzenkandidaten Daniel Mühlner auf. Er ist ein noch weitgehend unbekannter Nachwuchspolitiker, der die Karriere fest im Blick hat. Im Herbst will Mühlner für den Landtag kandidieren. Das Gegenteil von Verjüngung ist indes die Liste der Linken: Von sieben Kandidaten beziehen vier schon Rente. Mit dabei ist aber auch Harald Mushack. Mit seiner ausgleichenden Art konnte er in der Vergangenheit diese und jene Debatte mit einem Kompromissvorschlag besänftigten.
Bleiben noch die Kleinen: Stahnsdorf ist in den vergangenen Jahren in den schönen Landschaftsraum gewachsen, für den doch so viele hergezogen sind. So droht es in den kommenden Jahren weiterzugehen. Das kann eine Chance für die Grünen sein. Sie schicken sieben Kandidaten ins Rennen, darunter Künstler und Wissenschaftler. Ebenfalls auf dem Stimmzettel stehen die eurokritische AfD und die Freien Bürger und Bauern.
Offen ist auch, wie in den Ortsteilen abgestimmt wird. Die Wählergruppe „Wir Vier“ konnte in der Vergangenheit in den vernachlässigt geglaubten Anhängseln Sputendorf, Schenkenhorst und Güterfelde viele Stimmen sammeln. Wahrscheinlich werden sie dort erneut punkten und Bürgermeister Albers eine mahnende Stimme bleiben, die Ortsteile nicht zu vergessen. Die Wahl wird es zeigen.
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