Potsdam-Mittelmark: Die Havelspange weiter im Blick
Kontroverse Diskussion über gemeinsame Verkehrsplanung von Potsdam und Mittelmark
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Kontroverse Diskussion über gemeinsame Verkehrsplanung von Potsdam und Mittelmark Potsdam-Mittelmark/Potsdam - Taugt die Havelspange zwischen B1 und B2 über den Templiner See als praktikable und sinnvolle Lösung für die Minderung der Potsdamer Verkehrsprobleme? Diese Frage soll möglichst durch eine Fortführung des 1999 gestoppten Raumordnungsverfahrens geklärt werden. Darauf einigten sich mehrheitlich der Potsdamer Stadtplanungs- und der Kreisentwicklungsausschuss von Potsdam-Mittelmark auf einer gemeinsamen Sitzung am Donnerstagabend. Gleichzeitig solle die mögliche Weiterführung der Spange von der B1 durch den Wildpark und über den Zernsee in Richtung A 10 geprüft werden. Zuvor jedoch, so hieß es, müsse ein gemeinsames Verkehrskonzept zwischen der Landeshauptstadt und dem Landkreis abgestimmt werden. Dazu soll nun eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Mitgliedern beider Verwaltungen sowie jeweils drei Ausschussmitgliedern gegründet werden. Auf unbestimmte Zeit zurückgestellt wurden indes die beiden anderen Abschnitte der sogenannten Netzverknüpfung: Die Verbindung von der B2 durch die Ravensberge zur L40 (Wetzlarer Straße) sowie der Ast in Richtung Golm bis zur B273. Vorausgegangen war diesem Beschluss eine kontroverse Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Havelspange und deren Weiterführung in Richtung Werder. Ihren massiven Protest erneuerten mehrere Vertreter der insgesamt 14 Bürgerinitiativen, die sich gegen die Netzverknüpfung zusammengeschlossen haben. Der Wildpark komme für eine Straßenbebauung nicht in Frage, weil er als Denkmal, Naturraum und Trinkwassereinzugsgebiet mehrfach geschützt sei, betonte Rechtsanwalt Peter Kunz vom Vorstand des Wildpark e.V.. Albrecht Söllner von der Initiative „Bürger für Verkehrsberuhigung in Potsdam-West“ warnte vor einer „unerträglichen“ Verdoppelung des Verkehrs am Neuen Palais als Auswirkung der Havelspange: „Das wäre keine Umgehungsstraße sondern eine Umleitung durch denkmalgeschütztes Wohngebiet.“ Zudem sei wirtschaftlicher Schaden zu erwarten. So würden die Vertreter der Deutschen Bahn Akademie, die gegenwärtig den Kaiserbahnhof ausbaut, der Ostdeutschen Sparkassenakademie und des Seminaris-Hotels in der Pirschheide eine starke Verkehrsbelastung für ihre Standorte fürchten. Laut den vorliegenden Zahlen würde der Verkehrsentlastung durch die Havelspange in der Potsdamer Innenstadt lediglich 6 bis 8 Prozent betragen, rechnete die mittelmärkische SPD-Kreischefin und Landtagsabgeordnete Susanne Melior vor. „Will die Stadt Potsdam tatsächlich für so wenig Entlastung so viele offene Fragen in Kauf nehmen?“, gab die aus Langerwisch stammende Politikerin zu bedenken und ermunterte die Bürgerinitiativen, ihre Argumente gegen die Havelspange weiter zu untersetzen. Massive Bedenken gegen die Havelspange äußerten auch die Kreistagsabgeordneten Annemarie Kersten (PDS) und Elke Seidel (Bündnisgrüne). Beide sehen die Potenziale des Öffentlichen Personennahverkehrs zur Entlastung der Stadt Potsdam noch nicht ausgeschöpft und warben unter anderem für die Einführung einer Zweisystembahn auf der Strecke Beelitz/Stadt - Michendorf – Potsdam. Der Kreistagsabgeordnete Axel Mueller (Bündnisgrüne) forderte von der Stadt intelligente innerstädtische Lösungen für ihre Verkehrsprobleme. Er erinnerte daran, dass man bisher bei allen Berechnungen davon ausgegangen sei, dass die Innerstädtische Entlastungsstraße (ISES) von der Langen Brücke zur Zeppelinstraße gebaut wird. Nun heiße es seitens des Stadt „Havelspange statt ISES“ – das könnte „ein Hauen und Stechen zwischen Stadt und Landkreis geben“, so Mueller. Der Vorsitzende des Potsdamer Planungsausschusses, Christian Seidel (SPD), sowie die Caputher FDP-Vertreter Rolf Herrmann Löhr und Heiko Hüller knüpfen indes einige Hoffnungen an die Havelspange und deren Verlängerung nach Werder. Dabei bezogen sie sich auf die vom IVU-Büro erstellten Verkehrsentwicklungspläne für Potsdam und Potsdam-Mittelmark (PNN berichteten). Dort wird der Bau dieser beiden Abschnitte vordringlich empfohlen, weil sie eine weiträumige Entlastungswirkung hätten. IVU-Planer Reinhard Giehler gab jedoch zu bedenken, dass die direkte Autobahnanbindung der Netzverknüpfung zusätzlichen Verkehr in die Region ziehen würde. Zudem sei das IVU-Konzept eine rein verkehrliche Betrachtung ohne Einbeziehung von bautechnischen- oder Umweltaspekten. Das genau könnte im Zuge des Raumordnungsverfahrens weiter untersucht werden, betonte Christian Seidel. Andererseits befürchten nicht wenige Abgeordnete und die Bürgerinitiativen, dass mit einem Raumordnungsverfahrens vollendete Tatsachen geschaffen werden. Potsdams Stadtplaner Andreas Götzmann bestätigte auf Anfrage: „Nur in sehr seltenen Fällen wird nach der Einleitung eines solchen Verfahrens wieder auf die Nullvariante zurückgegangen“. 1999 war ein laufendes Raumordnungsverfahren für die Netzverknüpfung auf Eis gelegt worden, mit der Forderung, Potsdam und Potsdam-Mittelmark sollten sich erst über ein gemeinsames Verkehrskonzept einigen. Im beschlossenen aktuellen Bundesverkehrswegeplan ist die Havelspange als „vordringlicher Bedarf“ eingestellt worden. Pläne für eine Weiterführung nach Werder wurden vom Bund jedoch bis in die Zeit nach 2015 vertagt.
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