
© Tobias Reichelt
Restposten-Verkauf in Stahnsdorf: Die Jäger der Schnäppchen
So viele Autos und Menschen wurden lange nicht vor dem früheren Obi-Baumarkt in Stahnsdorf gesehen. Der Discounter Lidl hat dort am Donnerstag einen Schnäppchenmarkt eröffnet – viele standen Schlange
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Stahnsdorf - Christel Rensch vertritt sich die steifen Beine, die Schlange will einfach nicht enden. „Zwei Meter“, ruft ihr Mann herüber. Zwei Meter sind sie in der vergangenen halben Stunde dem neuen Restpostenmarkt in Stahnsdorf näher gekommen. „Wenn man gezielt kauft, dann lohnt es sich“, sagt die ältere Dame und stellt sich auf die Zehenspitzen. Noch etwa drei Dutzend Menschen warten vor ihr auf Einlass. „Im Prinzip sind es aber Sachen, die man nicht braucht“, flüstert die Großbeerenerin.
Autos hupen, Kinder rennen kreuz und quer über den Platz. Am Donnerstag hat im Gewerbegebiet Greenpark an der Ruhlsdorfer Straße in Stahnsdorf ein Restpostenmarkt des Discounters Lidl eröffnet. In der alten Gewächshaushalle am früheren Obi-Markt soll der Sonderverkauf künftig monatlich für je zwei oder drei Tage stattfinden, diesmal noch bis zum morgigen Samstag von 9 bis 17 Uhr.
Zur Premiere warteten die ersten Kunden schon vor Ladenöffnung an der 1500 Quadratmeter großen Halle. Die Schlange reichte quer über den Parkplatz, Ordner mit kurzen Haaren und grimmigen Blicken mussten die ungeduldigen Kunden zurückhalten. „Ich wollte nur mal reingucken“, sagt ein Mann in beiger Jacke, der es in der Schlange noch nicht weit geschafft hat. Unruhig blickt er auf seine Armbanduhr und rückt seine blaue Schirmmütze zurecht. Nach vorn geht es kein Stück, aber hinter ihm reihen sich immer neue Menschen ein. Es wird gelacht, geredet, oft in verschiedenen Sprachen. Ob er überhaupt ein Schnäppchen ergattern wird? Er zuckt mit den Schultern. Neugierig sei er schon, eine Stunde gibt er sich. „Länger stehe ich hier nicht an.“
Auch Elisabeth Hermesdorf harrt an diesem Vormittag der Angebote, die da kommen mögen. „Ich bin aus Trier“, sagt sie und lacht. Nein, für den Schnäppchenmarkt sei sie nicht so weit gereist. Ihre Tochter aus Stahnsdorf habe sie hergebracht, sagt die Rentnerin. „Wenn hier, wo sonst nie was los ist, so ein Andrang ist, dann muss sich das doch lohnen.“ Oder? Gemeinsam werten die Frauen mit langen Hälsen die Inhalte der voll bepackten Einkaufswagen aus, die an ihnen vorbeigerollt werden. „So eine Unkrauttonne brauche ich für unseren Garten“, juchzt Hermesdorfs Tochter plötzlich.
Uwe Pieperjohanns steht derweil am Fenster seines Büros, schaut auf den Ansturm und kann es kaum fassen. Jahrelang hat der Greenpark versucht, das alte Baumarktgebäude mit Leben zu füllen. Plötzlich will die Schlange nicht enden, sogar die Straße ist vollgeparkt. Lidl habe einen unbefristeten Vertrag unterzeichnet, sagt der Vertriebsmanager. Einmal im Monat werde der Markt öffnen. Verkauft werden stark rabattierte Produkte aus Filialen der Region, die dort nicht verkauft wurden. „Lidl will Platz schaffen, für neue Angebote.“ Der Manager selbst war auch im Markt, ein Scrabble-Spiel habe es ihm angetan.
„Die haben erstmal dicht gemacht“, brummt wieder unten vor der Tür ein rothaariger Berliner. Knapp zwei Stunden nach der Eröffnung schiebt er zwei vollbepackte Einkaufswagen vor sich her. Hinter ihm rollt seine Frau einen dritten Wagen. „Da drin herrscht Mord und Totschlag“, sagt der Mann und wischt sich ein paar Schweißperlen von der Stirn. „Wir waren heute morgen die Ersten hier.“
Schon zehn vor acht waren sie am Markt. 230 Euro haben sie ausgegeben für drei volle Wagen. „Das meiste sind Lebensmittel.“ Aber auch eine Nähmaschine landete im Einkaufskorb, ein Eimer Farbe, Toilettenpapier, Waschpulver und Katzenfutter. Einen Euro habe die Tüte gekostet, im Laden müsse man das fünffache zahlen. Gleiches gilt für die Babynahrung. Eine Dose sieben Euro, sonst koste sie zwölf.
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