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Potsdam-Mittelmark: Die Karibik im Glas

Alida Babel aus Werder kocht Gerichte aus Surinam. Jetzt will sie ein Restaurant eröffnen

Von Eva Schmid

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Werder (Havel) - Wenn Alida Babel die Augen schließt, dann hat sie heute noch den Duft von Kreuzkümmel, Koriander und Thymian in der Nase. Den Geschmack hat sie mit der Muttermilch aufgesogen, Grundgewürze der karibischen Küche. Alida Babel kommt aus Surinam, einem kleinen Staat nördlich von Brasilien. Heute lebt die 45-Jährige in Werder und kocht, wie sie es von zu Hause kennt. Ihre Spezialität: Chutneys und Suppen mit afrokaribischen Gewürzen. Alles bio, darauf legt sie Wert. Demnächst eröffnet sie ihr erstes Restaurant.

„Meine Mutter konnte aus ganz wenig etwas Großartiges kochen“, erinnert sich Alida Babel. Die Einflüsse in der karibischen Küche sind enorm: In die ehemalige niederländische Kolonie wurden erst Sklaven aus Afrika, dann Leiharbeiter aus der ganzen Welt verfrachtet. Heute würden in dem Land viele Libanesen leben, sagt Alida Babel. Das spiegelt sich in der Küche wieder. In den Küchen Surinams duftet es nach Curry, es gibt Chutneys, ausgefeilte Soßen, rote Bohnen und viel frischen Koriander. „Unser Nachnahme passt sehr gut zu unserer Küche“, sagt die Frau mit einem Lachen. Babel, der Name ihres Vaters, dessen Familie aus Ghana stammt, bedeutete nicht nur Stimmengewirr. „Für mich steht es für Vielfalt.“

Mit kulinarischer Vielfalt und ihrem Ehrgeiz kam Alida Babel aber an ihrem Wohnort nicht weit: „Eigentlich hatte ich vor, hier in Kemnitz ein Restaurant zu eröffnen.“ Zusammen mit fünf Freunden ist sie vor vier Jahren von Potsdam an den Plessower See gezogen, in ein altes DDR-Ferienlager. Auf dem rund 10 000 Quadratmeter großen Grundstück stehen verfallene Bungalows und Datschen. In eine ehemalige Gaststätte wollte Alida Babel neuen Schwung bringen. Den bröckelnden Putz an ihrer Veranda hat sie schon orange gestrichen, für ein bisschen mehr Italien-Flair. „Sobald hier die Sonne scheint, fahren viele Radfahrer vorbei.“ Wieso denen nicht etwas anbieten?

Doch von Aprikosen-Ingwer- oder Kokos-Koriander-Minz-Chutney ließen sich die Beamten im Kreis nicht beeindrucken. „Die Baubehörde war skeptisch, ob das, so wie ich mir das vorgestellt habe, überhaupt funktioniert“, sagt Alida Babel. Zu groß waren ihr die bürokratischen Hürden für das Werder-Projekt. Anstatt sich den Kopf über Brandschutzauflagen in Kemnitz zu zerbrechen, entschied sich Alida Babel für Potsdam. Voraussichtlich im März wird sie ihr eigenes Restaurant in der Hermann-Elflein-Straße 10 eröffnen.

Für viele Menschen kochen, das kann Alida Babel mittlerweile: Mit den für ihre Heimat typischen Gewürzen wie Muskat, Piment, Nelken, Habanero-Chilis, Anis und Ingwer hat sie in Potsdam schon begeistern können – vor allem Wissenschaftler. Die Frau aus der Karibik kochte vier Jahre lang für die Mitarbeiter des Potsdamer Fraunhofer-Instituts. Sie leitete dort die Kantine. Alles wurde frisch und von Hand zubereitet. „Ich habe bei Null angefangen“, Essen für bis zu 300 Personen hatte sie zuvor noch nie gekocht. Eine Ausbildung als Köchin hatte sie auch nicht. Sie wollte an sich zum Film. An der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg studierte sie in den 90er-Jahren Schnitt.

Über den Film kam sie an die Familienrezepte. „Sehnsucht Europa“ hieß ihr Film, den sie zum Abschluss ihres Studiums drehte und schnitt. Es war ein Porträt über die Geschichte ihrer Mutter. „Ich wollte damit auch all ihre Rezepte einfangen“, erzählt Alida Babel, die mittlerweile drei Kinder hat. Während ihre Mutter in den Kochtöpfen rührte, erzählt sie im Film über die Traditionen ihrer Heimat. In Surinam müssten Mädchen mit zehn Jahren perfekt kochen können.

„Leider bin ich zu früh nach Europa gekommen“, sagt Alida Babel und lacht. Der Geschmack der afrokaribischen Küche ihrer Mutter ist ihr dennoch im Kopf geblieben. Ihren Gästen tischt sie heute Tandoori-Chicken, Linsen-Dal, Ofengemüse mit Couscous und Kräuter-Joghurt auf. Auch an Soßen, Suppen und Chutneys fehlt es in ihrer Küche nicht.

Ihre exotischen Waren hat sie auf der Grünen Woche ausgestellt – unter den Messebesuchern war auch die Marketing-Chefin der Stadt Werder, Alexandra Fabig. Man lernte sich kennen. „Mein Projekt mit dem Restaurant in Kemnitz fand sie super.“ Alida Babel erzählte die Geschichte mit der Baubehörde. Wäre sie auf die Stadt zugegangen, hätte man ihr womöglich helfen können, hieß es. Jetzt ist es zu spät. Dennoch beharrt Fabig darauf, dass man auch in Werder etwas machen könne. „Vielleicht entsteht hier ein Hofladen“, sagt Alida Babel. Auch sie wolle sich noch ein Türchen offenhalten. Endlich fühle sie sich im Ort wohl, das liege auch an den „recht eigenen, aber interessanten Werderanern“.

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