Potsdam-Mittelmark: Die Krönung des Fraglichen
Für den Bau des Kleinmachnower Bürgerhauses wurde gestern Richtfest gefeiert – man gibt sich beeindruckt
Stand:
Für den Bau des Kleinmachnower Bürgerhauses wurde gestern Richtfest gefeiert – man gibt sich beeindruckt Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Noch zeigt sich die Bibliothek im Zustand des Rohbaus. Doch die grauen Betonwände, die den imposant großen Raum umschließen, üben sich bereits in der Funktion eines Archivs. An ihnen wurden zum gestrigen Richtfest für Kleinmachnows emporwachsendes Bürgerhaus farbenprächtige Fotografien aufgehängt, die den bisherigen Bauablauf im Ortszentrum dokumentieren. Bilderrahmen im Großformat schienen für die Galerie am geeignetsten, um die Dimensionen der Millionen-Baustelle am Fuße des Seebergs wiederzugeben. Viel wurde in den vergangenen Monaten über Kosten und Größe, Architektur und Nutzen des Bürgerhauses als Teil der neuen Ortsmitte gestritten. Glaubt man den Kritikern des Rathaus-Baus, der der Gemeinde zehn Millionen Euro kostet, wird hier gerade der künftige finanzielle Engpass der Gemeinde zementiert. Die Investition, so orakelten vor allem die Bündnisgrünen des Ortes und die Streiter für gute Lebensqualität in Kleinmachnow, verhindere viele notwendige Maßnahmen der Zukunft: Alles Geld für Schulen, den Erhalt der Kammerspiele oder für das Schwimmbad werde hier an der Förster-Funke-Allee verbaut. „Gar nicht gut“ ging es daher gestern dem scheidenden bündnisgrünen Gemeindevertreter Gerhard Casperson, als zur Krönung des fraglichen Bauwerks geschritten wurde. „Das Gebäude hat keine Architektur“, beklagt Casperson zudem, „es ist ein Bürokratenbau wie jeder andere“. Eine Kritik, die Architekt Alexander Bertsch für reichlich übertrieben halten dürfte, habe er sich bei der Fassadengestaltung doch vor allem an typisch Kleinmachnower Bauelementen orientiert. Diese sind gestern unter dem Richtkranz freilich noch nicht zu sehen gewesen. Dennoch zeigte sich PDS-Vertreter Harry Hartig von einer Vorfreude ergriffen, als er auf dem nackten Beton des künftigen Parlamentssaals stand. „Hier wird endlich ein Gebäude erschaffen, das Kleinmachnow würdig ist.“ Dass dieses Gebäude über zwei Supermärkten errichtet wird, was den CDU-Vizeortschef und Baukünstler Fred Weigert unlängst zu dem ihm unangenehmen Bild von „Hochzeitsfotos vorm ALDI-Markt“ animierte, hat für Gemeindevertreter wie Hartig und Bernd Pape von der Lokalunion etwas Fundamentales: Als Gemeinschaftsbau von Rathaus und Einkaufsmärkten sind die Kosten für die Gemeinde erheblich reduziert worden. „Eine optimale Lösung“, befindet daher auch PDS-Volksvertreter Klaus-Jürgen Warnick. Gleichwohl: Eine Liebesbeziehung werde er zum gesamten Ortszentrum mit seinem Rathaus nicht entwickeln. Doch letzteres werde seinen Zweck erfüllen und eine wesentliche Verbesserung für die Mitarbeiter der Kleinmachnower Verwaltung und der Bürger. Deren Bürgermeister Wolfgang Blasig zweifelt nicht daran, dass Kleinmachnows Leben vom neuen Rathaus „beflügelt“ wird. Zuletzt hatte das Bürgerhaus jedoch mehr Argwohn provoziert, als der ambitionierte CDU-Spitzenkandidat Ludwig Burkardt bei der Auftragsvergabe und Ausschreibung Rechtsverstöße zu erkennen glaubte. „Es ist alles korrekt“, versicherte Blasig gestern in bester Feierlaune und lobte gar die Zweifler und Bedenkenträger: „Wer sich Sorgen ums Gemeinwohl macht, tut mit.“ „Das ganze Ensemble beeindruckt mich“, verneigte sich Blasig vor der Baustelle und seinem künftigen Dienstsitz. Nun ja: 9000 Kubikmeter bewegte Erde, 3500 Kubikmeter Beton und 1700 Fertigteile sind eine beeindruckende Statistik, die seit Baustart für das Bürgerhaus Ende Mai geschrieben wurde. Die verbauten Eisenträger würden eine Länge von 633 Kilometern ergeben. Kein Wunder also, dass gestern Dieck Wessels persönlich, der Chef des holländischen Baugiganten Kondor Wessels, dem Kleinmachnower Projekt seine Referenz erwies. Der Ort, sprach Wessels die Festgesellschaft von allen Zweifeln frei, könne jetzt und künftig „mit Stolz das Projekt präsentieren“. Zu den Zweifeln und auch Kritikern der Investition habe sich auch SPD-Fraktionschef Bernd Bültermann gezählt. Gestern zeigte auch er sich erlegen: „Was ich im Moment sehe, beeindruckt und überzeugt mich.“ Es würde jetzt gut daran getan werden zu helfen, „das Begonnene, was mit einem Mehrheitsbeschluss der Gemeindevertreter eine demokratische Basis hat“, zu Ende zu führen. Unfreiwillig oder nicht: Mit Blick auf die freie Ebene, die sich neben dem künftigen Sitzungssaal erstreckt und wo zunächst Parkplätze markiert werden, wuchsen Visionen. „Eigentlich ist es notwendig, diese leere Fläche mit Kultur zu füllen“, sagt Bültermann. Harry Hartig sieht hier eine „Perspektive für einen Theatersaal“. Dass die Fläche schnell bebaut werden kann und das Rathaus somit Ausbauchancen hat, hält Klaus-Jürgen Warnick für einen „guten Aspekt“. Jeder weiß, dass diese frei gehaltene Option eine Alternative für die Kammerspiele ist.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: