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Die Reste der Mauer: 22 Jahre schützte sie Rosmarie Utechts Eigentum.

© privat

Potsdam-Mittelmark: Die Mauer ist weg

Kleinmachnower Seniorin trauert um Gartenmauer – die Gewog nahm das Ende eines Rechtsstreits vorweg

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Kleinmachnow - Der Kleinmachnower Bauhof beginnt pünktlich: „Früh um halb acht haben die angefangen“, erzählt Rosmarie Utecht. Die 69-Jährige war am Freitagmorgen gerade aufgestanden, als die ohrenbetäubend lauten Baumaschinen auf ihrem Nachbargrundstück im Meiereifeld anrückten. Im Visier hatten die Arbeiter Rosmarie Utechts Gartenmauer: 1,6 Meter hoch, 12 Zentimeter breit, 35 Meter lang und 22 Jahre alt. „Die war noch gut in Schuss“, erzählt die Rentnerin. Jetzt ist ihre Mauer weg – im Auftrag der Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog – Utechts Nachbar – wurde sie abgerissen. Ihr Grundstück steht seitdem offen. „Und das einen Tag vor unserem Urlaub“, schimpft die Seniorin.

Als Rosmarie Utecht zu DDR-Zeiten in ihr Einfamilienhaus ins Meiereifeld gezogen war, gab es noch keine Mauer und keinen Zaun zwischen dem Sitz der früheren Kommunalen Wohnungsverwaltung und Utechts Grundstück. „Die waren froh, dass ich denen anbot eine Mauer zu bauen“, sagt Utecht. „Da konnte keiner mehr drüber“, erzählt sie.

Um keine Bäume für den Mauerbau fällen zu müssen, wurden die Steine nicht auf der Grundstücksgrenze, sondern 70 Zentimeter daneben, auf dem heutigen Gewog-Gelände aufgeschichtet. Das sei abgesprochen gewesen, sagt Utecht: „Ich habe 1987 eine Vereinbarung mit der Verwaltung geschlossen: Solange die Mauer nicht zusammenfällt oder ich mein Grundstück nicht verkaufe, hat sie Bestand“, pocht sie auf ihr Recht. Um ihre Mauer zu retten, schaltete Utecht einen Anwalt ein. Denn offensichtlich stand die Mauer der heutigen Gewog im Weg: „Die wollten ihr Grundstück begradigen, um mehr Geld beim Verkauf zu verdienen“, sagt Rosmarie Utrecht.

Gegenüber den PNN bestätigte Katja Schmidt, Assistentin der Gewog-Geschäftsführung, die Fläche am Meiereifeld verkaufen zu wollen. Das alte Verwaltungsgebäude, in dem vor wenigen Jahren übergangsweise eine Sozialstation gebrauchte Kleidung und Fahrräder verkaufte, ist bereits abgerissen. Lediglich ein paar Bäume und etwas Gras findet sich noch auf dem Grundstück. „Für uns ist die Rechtslage klar“, sagte Gewog-Assistentin Schmidt: „Das ist unser Grundstück und die Mauer darauf ist unser Eigentum.“ Schon seit langem gebe es darüber schon einen Rechtsstreit mit Rosmarie Utecht, sagte Schmidt. Eine Vereinbarung zwischen dem Gewog-Vorgänger und Rosmarie Utecht kennt Schmidt nicht. Dass die Gewog das Ende dieses Streits am Freitag mehr oder weniger selbst in die Hand genommen hat, wollte sie nicht kommentieren. Nur soviel: „Wir sind auf der rechtlich sicheren Seite.“

Davon sind Rosmarie Utecht und ihr Anwalt nicht überzeugt: „Ich habe die Mauer selbst bezahlt“, sagt Utecht. Insgesamt 2400 DDR-Mark habe die Mauer aus weißen Kalksandsteinen gekostet. Nur 650 Mark habe die damalige Wohnungsverwaltung davon übernommen. „Der Rest kommt von mir“, sagt Utecht. Sogar ein Angebot habe sie der Gewog unterbreitet: Um die Mauer zu retten, wollte sie die 70 fehlenden Zentimeter am Grundstücksrand kaufen. Die Gewog lehnte ab, erzählt die Rentnerin. „Ich fühle mich so ohnmächtig. Meine Mauer ist gefallen und der Urlaub gelaufen.“ Tobias Reichelt

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