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KulTOUR: Die Nacht mit Bina

Kleinmachnow - Macht der vermeintliche Schlafort Kleinmachnow jetzt die Nacht zum Tage? Da taucht plötzlich, wie aus dem Nichts, folgende Sentenz auf: „Wer noch niemals in lauschiger Nacht/einen Kammerspielbummel gemacht/ ist ein armer Wicht/ denn er kennt dich nicht/ mein Kleinmachnow, Kleinmachnow bei Nacht.

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Kleinmachnow - Macht der vermeintliche Schlafort Kleinmachnow jetzt die Nacht zum Tage? Da taucht plötzlich, wie aus dem Nichts, folgende Sentenz auf: „Wer noch niemals in lauschiger Nacht/einen Kammerspielbummel gemacht/ ist ein armer Wicht/ denn er kennt dich nicht/ mein Kleinmachnow, Kleinmachnow bei Nacht.“ Die der Reeperbahn abgetrotzte Hymne für die neue Show „Binas Nacht“ im Foyer der Kammerspiele, deren rauschende Premiere am Dienstag gefeiert wurde, nicht vor der Mitternacht!

Schön, wenn gute Leute etwas wollen und sich dafür ins Benehmen zu setzen verstehen. Die Idee zu diesem Plan, eine zwar dem Zeitgeist samt TV abgeschaute und trotzdem recht eigene Late-Night- Show zu offerieren, stammt von „Bina“ selbst, im echten Leben Sabina Schalla, Schauspiellehrerin vor Ort. Einerseits soll das Interesse des kulturinteressierten Bürgers für die uralten Kammerspiele wieder angekurbelt werden, andererseits will man die kulturelle und intellektuelle Kraft der Gemeinde nutzen. Lokalkolorit also pur.

Und das funktionierte auf Anhieb. Es war rappelvoll. Zwei hochkarätige Musiker, Wolfgang Köhler und James Scannell sorgten schon beim Entrée für launisch-jazzige Klänge. Die Comedian Brigitte Scharbau sorgte mit norddeutschem Dialekt hier und da für Extra-Unterhaltung. Schon beim Eintritt die erste Überraschung: Ein schlanker Mann im Anzug umarmte den Berichterstatter unbekannterweise herzlich: „Schön, dass Du gekommen bist!“ Hä? Es war der Bürgermeister Michael Grubert, das Ganze eine Verwechslung. Er war zwar als Gast der Show geladen, kam aber wegen des erklärten Prinzips „Ladys first“ als Letzter dran. Dafür durfte er das rote Band am Tresen, fortan Sitzplatz für Moderation und Gäste, mit sportiver Geste durchtrennen. Bescheidene Frage: „Darf ich mir ein Stück davon mitnehmen?“ Na klar!

Schnell hatte Bina das Publikum erobert, ein Lied, das herzumspannende „Du“ für jedermann, und schon war dessen Seele wach. Die Synchronsprecherin Susanne Geier war der allererste Gast der Show. Dann trat die Künstlergruppe Art Event auf den Plan, um ihr Projekt „Cut“ im Hause vorzustellen. Zwei Pausen, flotter Jazz dazwischen und inmitten eine Bombenstimmung, wie im Fernsehen, hätte man den braven Kleinmachnowern gar nicht zugetraut. Als die Sopranistin Ilona Nymoen mit einer Arie aus „Aida“ Klassisches vortrug, knisterte die Stille im Foyer. Dann tosender Applaus.

Michael Gruber ist wirklich ein feiner Kerl. Nicht wegen der verwechselten Umarmung, der Jurist ist aus sozialer Überzeugung SPDler geworden, ohne Funktionärs-Ambition. Ob alle Juristen die Gerechtigkeit liebten, fragte ihn Bina. Unter seinen Freunden gäbe es „nur wenige Juristen“, so seine lakonische Antwort. Hübsche Idee, ein paar Kinder- und Familienfotos von ihm an die Wand zu projizieren, geboren ist er ja in Jakarta, seine Kindheit verlebte er in Südafrika, etliche Umzüge, vielleicht möchte er deshalb auf dem Kleinmachnower Friedhof begraben sein, in der Steinstraße.

Bina selbst moderierte und sang mit aller verfügbaren Laune und Lust. Vielleicht sollte sie hier und da einen Gang zurückschalten, damit man ihre Lockerheit glaubt. Sonst war's köstlich wie ein Kölsch, sehr persönlich, sehr gemütlich – und ganz ungefährlich –, wie im Fernsehen. Kleinmachnow bei Nacht! G. Paul

G. Paul

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