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Potsdam-Mittelmark: „Die Sauen haben uns im Griff“
Kleinmachnows Jagdpächter Hans Diwiszek warnt vor einer Wildschweinplage
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Kleinmachnow - Es ist eine trügerische Ruhe, die sich derzeit in den wildschweingeplagten Kleinmachnower Gärten breitmacht: Es ist „die Ruhe vor dem Sturm“, warnt Kleinmachnows Jagdpächter Hans Diwiszek. Gerade jetzt, zum Ende der Jagdsaison, hätten sich die Bachen mit ihren Frischlingen in die umliegenden Forste zurückgezogen. „Doch die Borstentiere werden wiederkommen und es werden mehr“, mahnt Diwiszek die Kleinmachnower Gemeindevertreter und ihre Verwaltung. Sie müssten sich darauf einstellen und die Anwohner im Umgang mit den Tieren aufklären.
„So viele Sauen habe ich in meinem Leben nicht gesehen“, sagt Diwiszek. Seit knapp drei Jahren hat die Wildschweinpopulation in seinem Jagdgebiet enorm zugenommen, erklärt der 82-jährige Jagdpächter. 65 Tiere hat er gemeinsam mit seinen neun Freizeitjägern seit Juni in Kleinmachnow auf die Schwarte gelegt. In Diwiszeks gesamten Jagdgebiet, das auch Teile Stahnsdorfs einschließt, waren es 104 Schwarzkittel. „Früher hatten wir rund 20 Abschüsse pro Saison“, erzählt Diwiszek, der bis zum Mauerfall Leiter der Kreisjagdbehörde war. Heute spricht Diwiszek von einem ernsthaften Problem: „Die Sauen haben uns im Griff.“
Er sieht Kleinmachnows Verwaltung im Zugzwang: „Es ist die Pflicht der Gemeinde, dass sie ihre Bürger aufklärt“, sagt Diwiszek. Im laufenden Bürgermeisterwahlkampf habe es lediglich einer der sechs angetretenen Kandidaten zum Gespräch mit dem Jagdexperten geschafft. Dabei seien die Wildschweine Dauerthema bei den Kleinmachnowern. Der Wir-Kandidat Arnim von Wnuk hat sich auf eine Tasse Kaffee mit Diwiszek zum Gedankenaustausch getroffen. „Ich würde mir wünschen, dass alle vorbeikommen“, sagt Diwiszek.
„Was mich bewegt, ist die Gefahr, dass die Sauen im Ort Erwachsene oder Kinder angreifen“, erzählt Diwiszek. Man müsse die Wildschweinplage in der Ursache bekämpfen: „Die Tiere haben sich an die Menschen gewöhnt, sie sind zahm, werden gefüttert und laufen nicht weg.“ Früher habe bereits das Klicken vom Entsichern seines Gewehres die Tiere verjagt. Heute fressen sie in den grünen Gärten ohne Scheu. Oft seien Gartenzäune marode oder nicht vorhanden. So werden ungesicherte Blumenzwiebeln im Boden oder Essensreste auf dem Kompost zur leichten Beute für die Schwarzkittel. Hinzu kommt: Kleinmachnow ist eng bebaut, das Schussfeld fast nie frei: „Fahrzeuge parken auf der Straße, Hunde laufen frei im Wald umher“, zählt der Jäger auf. Die Sicherheit geht vor.
Alternativen zum Schuss sieht Diwiszek nicht: Betäuben sei zu teuer, da die Tiere anschließend in Quarantäne müssten. Die Sauen wie Schädlinge zu vergiften, sei falsch. Fangkäfige würden von Tierschützern verachtet, die aufgestellten Fallen sabotiert. Bleibt nur der Schuss, und der soll nun bald auch Frischlinge treffen dürfen. Eine Genehmigung hat Diwiszek bereits beantragt. Dabei wollen die Jäger nicht nur „rumballern“, sondern das Wild auch hegen: „Wir sind kein Schlachthof“, sagt Diwiszek. Er fordert die Kleinmachnower zum Umdenken auf: Das beginne bei stabilen Zäunen, wenn möglich sogar elektrisch und ende beim besonnenen Umgang mit den Tieren. Zu absoluter Ruhe rät der Experte bei Gefahrensituationen. Schreien oder Blumentöpfe werfen, nutze nichts. „Das weckt Ängste beim Schwein und beim Bürger“, sagt Diwiszek. Die Wildschweine sind ein Problem, darauf müsse man sich einstellen, sagt Diwiszek. Und das auf Dauer.Tobias Reichelt
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