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Potsdam-Mittelmark: Die späte Entdeckung eines Malers Herbert Enke wäre jetzt 100 Jahre alt geworden

Region Teltow - Die gemalten Marionetten sind geheimnisvoll miteinander verbunden. Auf anderen Bildern sind schwer durchschaubare Räderwerke zu sehen, aber auch blühende Gärten zwischen Häuserzeilen.

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Region Teltow - Die gemalten Marionetten sind geheimnisvoll miteinander verbunden. Auf anderen Bildern sind schwer durchschaubare Räderwerke zu sehen, aber auch blühende Gärten zwischen Häuserzeilen. Im Jahr 1981 stellte der Maler und Grafiker Herbert Enke seine Werke zum ersten Mal in Potsdam aus, in der Babelsberger Galerie des UBK (Umweltgestaltung und Bildende Kunst). Unter der Überschrift „Bilder im Banne des Blauen Reiters“ würdigten damals auch die Brandenburgischen Neuesten Nachrichten, der Vorläufer der heutigen PNN, die Ausstellung. Für viele Besucher waren die Arbeiten eine Entdeckung: Denn was da auf den ersten Blick dekorativ erschien, erwies sich bei näherer Betrachtung als ein Sinnbild der gesellschaftlichen Zustände.

Bis zu diesem Tag hatte Herbert Enke seine Arbeiten über mehrere Jahrzehnte im Verborgenen gehalten. In den Fünfzigerjahren mit dem Stigma „formalistisch“ gebrandmarkt, hatte sich Enke vom Kunstbetrieb zurückgezogen, nachdem seine Bilder zu Ausstellungen nicht mehr zugelassen wurden. Dieser Tage wäre der Maler, der es so erst spät zur Bekanntheit brachte, 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass ehrt ihn derzeit seine Vaterstadt mit einer Kabinettsausstellung in der Geraer Orangerie.

Im Jahr 1978 war der damals 65-jährige Künstler nach Güterfelde gezogen, wo seine drei Kinder lebten. „Ich habe nichts mehr versucht, nichts mehr eingereicht und vollkommen die Rollos runtergemacht“, berichtete Enke später. Kunsterziehung und später auch architekturbezogene Auftragskunst waren seine Nischen, um die Familie durchzubringen. Aber das hielt ihn nicht davon ab, nach Feierabend weiter künstlerisch zu arbeiten, um sich so vom opportunistischem Kunstbetrieb zu distanzieren.

Enke, der vor dem Krieg Bühnenbild studierte, sah nun auch die Welt um sich herum zunehmend als groteske Bühne, die sich als Motiv in seinen Bildern wiederfindet. Abgekoppelt von der offiziellen Kunstentwicklung in der DDR, aber mit den Erfahrungen existenzieller Brüche wächst Enkes Werk im Verborgenem. So wie sein Werk blieb aber auch der Künstler lange Zeit unbekannt.

Erst nach dem Fall der Mauer werden Grafiken und Bilder von Enke im Jahr 1990 als „bereichernder Beitrag für die Thüringer Kunstlandschaft“ in die Geraer Kunstsammlungen aufgenommen. Diese „Heimholung“ hat der 2005 verstorbene Künstler nach Jahren der inneren Emigration noch erleben dürfen, ebenso mehrere Ausstellungen in seiner neuen Heimat in der Region Teltow. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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