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Weiter hinten als das Original. Die beiden Türme wurden um etwa einen halben Meter auf das Privatgrundstück von Yves Zimmer versetzt, damit mehr Abstand zur Straße herrscht. In den kommenden Jahren soll sie erneuert und für Fußgänger sicherer werden.

© A. Klaer

Schloss Petzow: Die Türme stehen

Nach mehreren Jahren Planung sind die beiden Ziegeltürme der früheren Schlossmauer nun fertig.

Von Enrico Bellin

Stand:

Werder (Havel) - Nach 70 Jahren hat Petzow ein weiteres Stück seines historischen Ortskerns wieder: Die beiden Ziegelsteintürme der ehemaligen Schlossgartenmauer in der Fercher Straße stehen. Seit August wurden sie wieder aufgebaut. 1945 wurden die sogenannten Staffelgiebeltürme abgerissen, angeblich um Baumaterial für Neubauernhäuser zu gewinnen. „Die Türme haben eine hohe architektonische Bedeutung innerhalb des Gesamtensembles von Schinkelkirche, Schloss und Schlosspark“, sagt Karl-Heinz Friedrich vom Petzower Heimatverein den PNN.

Der Heimatverein und der Ortsbeirat haben sich seit Jahren für den Wiederaufbau der Türme eingesetzt, die direkt am Fuße des Petzower Kirchberges stehen. Vor mehr als zehn Jahren hatte Ortsvorsteher Bernd Hanicke, aus dessen Archiv auch das einzige bekannte Bild der beiden neogotischen Ziegeltürme stammt, bereits die Idee. Damals fehlte jedoch das Geld für den Wiederaufbau. Im vergangenen Jahr hatten dann die Werderaner Stadtverordneten eine Förderung mit 51 000 Euro beschlossen. Weitere knapp 20 000 Euro kamen durch Geld- und Sachspenden zusammen, womit die Finanzierung stand.

Bis zur Baugenehmigung dauerte es jedoch weitere neun Monate. Der Standort der ursprünglichen Türme, deren Fundamente teilweise erhalten waren, lag Friedrich zufolge zum Teil auf Privat- und auf Straßenland. Außerdem hätte ein Wiederaufbau am Originalstandort eine in den kommenden Jahren geplante Umgestaltung der schmalen Straße, die dort von vielen Fußgängern überquert wird, verhindert. Also wurden die Türme knapp einen halben Meter hinter ihrem früheren Standort wieder aufgebaut. „Zum Glück war der Grundstücksbesitzer Yves Zimmer sehr kooperativ und war mit dieser Variante einverstanden“, so der Vorsitzende des Heimatvereins, der auch der Bauherr der Türme ist. Zimmer war begeistert davon, dass sich auf seinem Grundstück einst die Türme befanden, und hatte bereits vor zwei Jahren sogar das Fundament eines weiter nördlich gelegenen Turmes freigelegt. Die Stadt habe auf dem Privatgrundstück nun eine Grunddienstbarkeit für die Türme eintragen lassen, damit sie auch bei einem möglichen Besitzerwechsel erhalten bleiben.

Errichtet wurden die sechseinhalb Meter hohen Türme mit historischen Ziegeln eines Brandenburger Unternehmens, das sich auf die Herrichtung alter Baumaterialien spezialisiert hat. „Die Ziegel haben genau die gleiche gelbe Farbe, die auch bei uns typisch ist“, so Friedrich. Sie kämen damit nahe an das Original heran und stammen zum Teil aus der gleichen Zeit.

Wie die historischen Vorbilder und die noch erhaltenen Türme im Norden und Westen der Mauer rund um den Obstgarten, sind auch die neuen Türme innen hohl und nach hinten geöffnet. „Das ist gut für das Mauerwerk, da so die Luft rundherum zirkulieren kann“, so Karl-Heinz Friedrich. Ob die Türme früher auch als Lagerstätte für Geräte genutzt wurden, konnte er nicht sagen.

Der Heimatverein hat Friedrich zufolge in enger Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Architekten Gerald Kühn- von Kaehne die planerischen Vorleistungen und die Bauarbeiten organisiert. Die Türme errichtet haben dann die Fercher Firma Müller Bau sowie der Dachdeckermeister Frank Schmidt aus Werder.

Vollendet ist das Projekt noch nicht. Im Frühjahr soll ein Holzflügeltor die frühere Einfahrt zum Gutsgarten der Kaehnes vollenden. Zudem soll eine Informationstafel auf die Geschichte und die Bedeutung der Türme als früheren Eingang zum großen Schlossgarten am Schwielowsee hinweisen. Das Ensemble wurde um 1820 herum von Karl Friedrich Schinkel errichtet. Karl-Heinz Friedrich sieht den Wiederaufbau der Türme als erfolgreiches Beispiel, dem andere folgen könnten. So habe auf dem Innenhof des benachbarten Schlosses früher ein großer Taubenturm aus Ziegeln gestanden, der ebenfalls nach dem Krieg abgerissen wurde. „Eine Wiederaufrichtung wäre ein anspruchsvolles Ziel zur weiteren behutsamen Vervollkommnung der historischen Bausubstanz im denkmalgeschützten Ortskern“, so Friedrich. Gespräche dazu mit dem Berliner Besitzer des Schlosses, das derzeit wie berichtet zu Wohnungen umgebaut wird, habe es jedoch noch nicht gegeben.

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