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Potsdam-Mittelmark: Diplomatie auf dem Kirchhof

Umweltschützer beklagen Baumfällungen auf italienischem Soldatenfriedhof – Denkmalpfleger lenken ein

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Stahnsdorf - Einen Kiefernwald zu einem parkähnlichen Waldfriedhof zu gestalten, ist eine Herausforderung. Louis Meyer, Schüler des königlichen Gartenbauarchitekten Lenné, übernahm als gerade 26-Jähriger diese Aufgabe. Im Auftrag der Berliner Stadtsynode sollte er aus 150 Hektar märkischer Kiefern- und Heidelandschaft den Stahnsdorfer Südwestkirchhof schaffen.

Das weitläufige Areal zählt heute zu einer landschaftsarchitektonischen und kulturhistorisch bedeutsamen Anlage. Die englischen und italienischen Kriegsgräberstätten verleihen dem Südwestkirchhof zudem internationale Bedeutung – vor zwei Jahren stand Stahnsdorf im weltweiten Interesse der Medien, als die englische Queen den Friedhof besuchte.

Der italienische Militärfriedhof wurde für 1659 Soldaten des 1. Weltkrieges angelegt. Bis 1976 zierten Kissensteine die Rasenflächen, was für deren Pflege einen erheblichen Aufwand bedeutete. Daher wurden die Kissensteine kurzerhand durch 25 Kreuze ersetzt. Die ursprünglichen Grabsteine wurden in West-Berlin eingelagert und sollen nun im Rahmen der Restaurierung des gesamten Militärfriedhofes erneuert und in Form eines Strahlenkranzes angelegt werden. Zahlreiche große Bäume, die für den Südwestkirchhof und die märkische Landschaft typisch sind, mussten dafür gefällt werden. Von einem „Kahlschlag“ spricht der mittelmärkische Naturschutzbeauftragte Peter Ernst aus Güterfelde. Auch in der Denkmalschutzbehörde im Belziger Landratsamt runzelten Mitarbeiter die Stirn, ebenso räumt Kirchhofsverwalter Olaf Ihlefeldt ein, dass man „von Beginn an etwas Sorge um die gewachsene Landschaft hatte“, als die italienischen Architekten ihr Konzept vorlegten. Doch während sich Peter Ernst, ohnehin als lautstarker Kritiker und Mahner bei Eingriffen in Natur und Landschaft bekannt, recht undiplomatisch über das „buchstäblich in den Wald geschlagene Loch“ beklagt, gibt sich Kirchhofsverwalter Ihlefeldt zurückhaltender. Man habe keinen bösen Konflikt schüren und kein Politikum heraufbeschwören wollen, weshalb sich die evangelische Landeskirche, die italienische Botschaft und die Denkmalschutzbehörde verständigt und geeinigt haben. „In das umfangreiche und gut begründete Sanierungskonzept passten die Bäume in der Tat nicht rein“, räumt Mittelmarks oberste Denkmalpflegerin, Regine Reif, ein. Ohnehin erlaube das in den 50er Jahren erlassene und noch heute geltende Kriegsgräbergesetz den Italienern, den Militärfriedhof nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Zum anderen gibt es einen zwischen Italien und der Berliner Landeskirche geschlossenen Vertrag aus dem Jahr 1926, dem das damalige Konzept des Soldatenfriedhofs zugrunde liegt und das eine weitläufige Rodung des Areals vorsah. Auch wenn Reif sich in Gesprächen und Treffen mit dem italienischen Architekten für den Erhalt der märkischen Kiefern eingesetzt hat, verweist sie auf die Relevanz des Dokuments: „In anderen Fällen sind uns solche alten Pläne auch heilig“, so die Denkmalpflegerin. Schließlich sei zu respektieren, dass es sich um eine nationale Gedenkstätte handelt.

Nach Abschluss der von der italienischen Regierung beschlossenen Sanierung des Militärfriedhofs wird der erhöhte Mittelpunkt der Gräberanalge als Quader modelliert sein, den zu ebener Erde nochmals ein Kreis umfasst. Diese symbolhafte Gestaltung stellt den Kreis als Zeichen der himmlischen Ideale dar und das Quadrat entspricht dem Sinnbild des Militärs. Strahlenförmig werden die Reihen der Grabsteine angeordnet sein. Es wird eine Freifläche entstanden sein, die nicht typisch für die märkische Landschaft und die ursprüngliche Anlage des Südwestkirchhofes ist. Auch die neu gepflanzten Heinbuchen und Rosen werden nicht den Charakter des Umfelds widerspiegeln. „Trotzdem wird der Südwestkirchhof eine neue Qualität und Bereicherung bekommen“, ist Kirchhofsverwalter Ihlefeldt überzeugt.P. Könnicke

P. Könnicke

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