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Potsdam-Mittelmark: Diskussion über Scheunert geplant

Ortsverein bereitet öffentliches Forum vor

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Nuthetal - Der Ortsverein Bergholz-Rehbrücke plant für den Herbst eine öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Wirken des Ernährungswissenschaftlers Carl Arthur Scheunert (1879-1957). Dabei soll es um seine Verdienste ebenso wie um seine Vitaminversuche an Menschen zur NS-Zeit gehen. Das kündigte die Vereinsvorsitzende und Gemeindevertreterin Erika Haenel an. Dort könne diskutiert werden, ob die Hauptstraße von Bergholz-Rehbrücke, die nach dem Tode Scheunerts 1957 dessen Namen erhielt, diesen möglicherweise zu Unrecht trägt. Scheunert leitete 1951 bis 1957 die damalige Anstalt für Vitaminforschung in Potsdam-Rehbrücke, Vorgängereinrichtung des heutigen Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).

Wie berichtet, hatte der in Rehbrücke geborene Historiker Roland Thimme zu Jahresbeginn in einem Aufsatz schwere Vorwürfe gegen Scheunert erhoben. Demnach habe er zur NS-Zeit Ernährungsexperimente an Häftlingen durchgeführt. Die Gemeindevertretung plädierte für eine gründliche Prüfung und sachliche, historische Einordnung.

Inzwischen haben die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle/Saale und die Universität Leipzig, in denen Scheunert auch zur NS-Zeit gewirkt hatte, auf die Anfragen aus Nuthetal reagiert. Die Leopoldina wolle sich mit dem Thema auseinandersetzen, berichtet Haenel. Die Universität Leipzig dagegen sagte ab, weil sie selbst den Wissenschaftler nicht geehrt habe. Noch in dieser Woche gebe es zudem ein zweites Gespräch mit dem Wissenschaftlichen Direktor des DIfE, Hans-Georg Joost, teilte Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke) mit. Auch von dieser Stelle wird Unterstützung erhofft.

Der Ortsverein Bergholz-Rehbrücke werde die geplante Veranstaltung unter den Titel „Menschen in Diktaturen, wider das Vergessen“ stellen, teilte Haenel mit. In dieser Reihe wurde bereits mehrfach über Themen aus der NS- wie der DDR-Geschichte diskutiert oder Lesungen organisiert. Die geplante Veranstaltung werde von der Landeszentrale für politische Bildung gefördert. Gesprächspartner aus der Charité und der Universität Potsdam haben bereits zugesagt. Auch den Kreistagsabgeordnete der Grünen, Axel Müller, seit 1991 Mitglied der Tierversuchskommission des Landes Brandenburg, habe sie zur Frage der Ethik um Teilnahme gebeten. Grundsätzlich gehe es auch um die Frage, wie sich in Diktaturen lebende Menschen verhalten. Unter diesem Gesichtspunkt soll die Veranstaltung zeigen, wie die Versuche Scheunerts einzuordnen sind, so Erika Haenel. Sie hofft, dass die Gemeindevertretung danach eine Entscheidung treffen kann. Ute Kaupke

Ute Kaupke

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