Potsdam-Mittelmark: Doppelter Lärmschutz für Kemnitz
Bauantrag für vier Meter hohe Wand an der Bahn. Ortsbeirat überrascht von Vorstoß des Rathauses
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Werder (Havel) - Wenn ein Zug vorbeikommt, versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Der Lärm der Eisenbahnstrecke am Ortsrand von Kemnitz geht vielen Anwohnern auf die Nerven. Vor zwei Jahren hatte sich die Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) für Lärmschutz starkgemacht, ein örtlicher Unternehmer hatte finanzielle Unterstützung zugesagt. Durch zwei Meter hohe Wände und Wälle zwischen den beiden Bahnübergängen sollte der Lärm halbiert werden. Lange war nichts mehr von dem Projekt zu hören. Jetzt gibt es einen neuen Anlauf, von dem man in Kemnitz überrascht wurde.
Die Stadt hat einen Bauantrag für eine durchgehende Lärmschutzwand eingereicht, die nun ausschließlich auf Flächen der Bahn aufgestellt werden soll. Für die breiten Wälle hätte man teilweise Privatgrundstücke benötigt, das ist jetzt offenbar nicht mehr nötig. Um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, soll die Wand nicht zwei, sondern vier Meter hoch werden, wie Beigeordnete Manuela Saß gestern gegenüber den PNN erklärte. Kemnitzer Eigentümer benötigt man dafür trotzdem. Wegen der unterschrittenen Mindestabstände bei so hohen Wänden ist das Einvernehmen angrenzender Grundstücksbesitzer erforderlich, sagte die Beigeordnete.
In Kemnitz herrscht Unruhe, Ortsvorsteher Joachim Thiele sprach von „Erregung und Ratlosigkeit“ im Ort. Denn dass das fast schon vergessene Projekt vom Rathaus weiterverfolgt wurde, die Lärmschutzwand nun doppelt so hoch werden soll, habe der Ortsbeirat nur zufällig erfahren – von Eigentümern, die sich im Bauantragsverfahren äußern sollten. Bei einer Akteneinsicht habe man mitbekommen, dass die ein Kilometer lange Wand nur teilweise begrünt wäre und eine Million Euro kosten soll – doppelt so viel als die frühere Lösung. Vergeblich habe man das Rathaus gebeten, bei der Ortsbeiratssitzung am Dienstagabend Stellung dazu zu nehmen.
Dass aus Zeitgründen niemand kam, habe die Verwaltung zwar bedauert. Der Sitzung hat das nicht geholfen: Thiele beschrieb die Gemütslage unter den rund 30 Teilnehmern so: Einerseits wolle man die Lärmschutzwand. Anderseits sei man mit einer neuen Planungsvariante konfrontiert, die das Ortsbild erheblich verändern werde und deren Finanzierung ungeklärt sei. „Einhellige Meinung war, dass eine belastbare Planungsvariante den Kemnitzern vor der Einreichung eines Bauantrages hätte vorgestellt werden müssen“, so Thiele. Zum demokratischen Abstimmungsprozess gehöre, so eine Planung von den Bürgern billigen zu lassen.
Beigeordnete Saß sieht es etwas anders: „Erst wenn alle erforderlichen Genehmigungen über die Bauart, Höhe und sonstige Auflagen vorliegen, kann über das weitere Verfahren und die Finanzierung im Ortsbeirat oder auf einer Bürgerversammlung informiert werden.“ Eine Kostenbeteiligung der Einwohner könne – anders als beim Straßenbau – ohnehin nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Das Baugenehmigungsverfahren werde von der Unteren Bauaufsichtsbehörde geführt. „Sollte kein Einvernehmen der Eigentümer erteilt werden, kann nur eine zwei Meter hohe Wand genehmigt werden“, so Saß.
Außerdem sei das Eisenbahnbundesamt beteiligt, das letztlich über die Ausführung und Typ der Wand abschließend entscheide. „Das stellt aus meiner Sicht den schwierigsten Teil des Verfahrens dar. Daher kann nach derzeitigem Stand keine Aussage über den weiteren zeitlichen Ablauf und die Gestaltung getroffen werden.“ Die SPD fordert von der Stadt eine Stellungnahme zur nächsten Stadtverordnetenversammlung.
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