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Potsdam-Mittelmark: Eichhörnchen-Notruf

In Teltow werden kranke oder obdachlose Nagerbabies von einem Verein wieder aufgepäppelt

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Teltow - Balduin und Flecki fiepen ängstlich um ihr bisschen Leben. Die winzigen Eichhörnchenbabies sind aus dem Nest gefallen oder von der Mutter verstoßen worden. Auf dem harten Terrassenboden im Süden Berlins haben sie keine Chance. Doch mit Tanya Lenn und Esther Krautwald von der Eichhörnchen-Hilfe Berlin-Brandenburg e.V. kommen nach kurzer Zeit zwei Retterinnen aus Teltow und bringen die bedrohten Tierbabys in ihre Notaufnahme, wo sie in liebevoller Handaufzucht wieder gepäppelt werden.

So haben von Teltow aus schon mehr als 400 Mini-Eichhörnchen den Weg zurück in ein Leben in der Natur gefunden. Drei von Vier Schützlingen bringen die Tierbetreuerinnen durch. Der erste hieß Bobo. Tanya Lenn sollte ihn eigentlich nur kurz für eine Tierarztpraxis pflegen. Doch ein Wochenende genügte, und es war um sie geschehen: „Wenn man einmal ein Hörnchen gehabt hat, verfällt man diesen Tierchen. Dagegen kann man nichts machen“, erzählt sie. Der Erstling gewann die Herzen der ganzen Familie und durfte bleiben. Als Bobo gut genährt war, entwischte er durch die Katzenklappe. „Einmal kam er noch von selbst zurück, als wollte er zeigen: Ich schaffe es jetzt alleine.“ Von da an wurde die Betreuung der gefährdeten Nager zu einer besonderen Aufgabe. Zur Zeit hüpfen und klettern gut 50 Jungtiere in verschiedenen Stadien der Aufzucht durch die geschickt angelegten große Käfige in Teltow. Besonders in Behausungen aus weichen Fleece-Stoffen, in einer Art Hängematte, in Baumhöhlen und Nistkästen fühlen sich die Tiere wohl.

Die Aufzucht der putzigen Jungtiere mit den schon früh entwickelten großen Krallen und Mäulchen ist mühsam und kostet viel Zeit. Esther Krautwald füttert jedes Eichhörnchen einzeln mit einer breiigen Heilnahrung aus Pipetten. Später, wenn sie größer sind, gibt es Kiefernsamen, Fichtensamen, Pinienkerne, Gemüse, Obst und die Lieblingsnahrung, Haselnüsse und Zirbelnüsse. Die Kosten für die Nahrung der Tierschar liegen bei gut 200 Euro pro Woche. Ihre Arbeit leisten die Pflegerinnen ehrenamtlich und unentgeltlich. Um die Kosten für Futter, Tierarzt und die Rettungsfahrten zu decken, sind sie auf Spenden angewiesen.

Die ganze Mühe der Eichhörnchen-Hilfe Berlin-Brandenburg, die Kooperationspartner der „Aktion Tier“ ist, dient einem Zweck: Den Tieren ein Leben in freier Natur zu ermöglichen. „Jedes Lebewesen hat seine Chance verdient“, sagt Tanya Lenn. Sie macht deshalb auch früh den Findern solcher Tiere klar, dass niemand diese behalten sollte: „Gesunde Eichhörnchen gehören nach draußen.“ Darüber und über das Leben der Tiere berichten die Mitarbeiterinnen der Eichhörnchen-Hilfe auch in Kindertagesstätten und Schulen. „Die Kinder und Jugendlichen sind immer ganz still und auch begeistert, wenn sie die Tiere sehen“, sagt Lenn.

Eichhörnchen sind natürlich nicht nur niedliche Tierchen. Sie bereiten auch einige Probleme. Es klagen zum Beispiel Vermieter und Hausbesitzer, dass sie sich an Giebeln gern durch die Hausdämmung beißen und sich dort im Warmen ein Nest anlegen. Oft ist es aber der Mensch selbst, der die Tiere in den Schutz menschlicher Behausungen treibt. „Überall werden immer mehr Bäume gefällt, in denen Eichhörnchen leben. Häufig kommen sie beim Fällen ums Leben“, im glücklichen Fall landen sie aber zum Aufpäppeln in der Teltower Notaufnahme. Hans-Rüdiger Bein

Hans-Rüdiger Bein

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