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Aus dem GERICHTSSAAL: Ein Angriff wie aus dem Nichts

Zeugen sagten nach Messerattacke aus

Stand:

Beelitz - Zweiter Verhandlungstag im Prozess um eine Messerstecherei im Asylbewerberheim von Beelitz-Heilstätten. Mohammed M.* (23) aus dem Tschad soll seinen Landsmann Ali A.* (33) am 19. April dieses Jahres durch vier Messerstiche in die Brust sowie den Genitalbereich lebensgefährlich verletzt haben. Seit dem 15. Oktober muss sich der ehemalige Viehhirte wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht verantworten. Mohammed M. berief sich auf Notwehr. Er versicherte, Ali A. habe ihn zuerst mit einem Besenstiel angegriffen. Er habe sich lediglich verteidigt. Seit der Tat sitzt M. in Untersuchungshaft (PNN berichteten).

Ein am gestrigen Mittwoch gehörter Wachschutzmitarbeiter des Heims belastete den Angeklagten erheblich. Der 46-Jährige berichtete, er habe zunächst „mörderischen Krawall“ auf dem Flur der Unterkunft vernommen, danach beobachtet, dass Mohammed M. seinen Mitbewohner Ali A. neben dem Duschraum bedrängt habe. „Wie genau sah das aus“, fragte die Schöffengerichtsvorsitzende Reinhild Ahle. Nach anfänglichem Handgemenge habe Mohammed M. mit einen „Gegenstand, den er zunächst für einen Schraubendreher“ hielt, auf den Oberkörper des zehn Jahre Älteren eingestochen, „aber nicht extrem dolle“, so der Zeuge. „Der Angriff kam für mich wie aus dem Nichts.“ Ali A. habe einen Besenstiel ergriffen, damit versucht, sich den Aggressor „vom Körper zu halten“. Er habe sofort die Polizei alarmiert, auch einen Notarzt angefordert. Ali A. sei es gelungen, sich ins Bad zu flüchten. Heimbewohner seien dazugekommen, hätten sich um den Verletzten gekümmert. „Ich habe meinen Sani-Kasten aus dem Büro geholt und Erste Hilfe geleistet“, erzählte der Wachmann.

Nebenkläger Ali A. – sehr schlank und gut einen Kopf größer als der Angeklagte – erlitt durch die Messerattacke schwere innere Verletzungen. Er konnte durch eine Notoperation gerettet werden, lag über zwei Wochen im Krankenhaus. Inwiefern die zwei Stiche in den Genitalbereich seine sexuelle Aktivität beeinflusst haben, vermochte er nicht zu sagen. Verschämt erklärte er auf Nachfragen der Vorsitzenden: „Ich habe es noch nicht probiert.“ Allerdings leidet der Asylbewerber noch immer unter Schmerzen im Brustkorb und Atemnot. Nach wie vor befindet er sich in ärztlicher Behandlung.

Wie es zu der Eskalation am 19. April kam, konnte sich der Wachschutz-Angestellte im Zeugenstand nicht erklären. Beide Männer hätten sich zuvor gut verstanden, gemeinsam gekocht und gegessen. Einmal habe Mohammed M. einen Bewohner geboxt. Und Ali A. habe Zoff mit einem anderen Asylbewerber gehabt. „Da ging es wohl um die Sauberkeit in der Küche. Ich ging dazwischen. Auf einmal musste ich feststellen, dass ich zwischen zwei Messern stand“, erinnerte sich der Zeuge. Ansonsten habe es keine Probleme mit den beiden gegeben.

Wem die Tatwaffe – ein mittelgroßes Messer mit weißem Griff und feststehender Klinge – gehört, konnte am gestrigen Prozesstag nicht geklärt werden. Ein 25-jähriger Kameruner, er wohnt ebenfalls in dem Heim, erinnerte sich daran, dass sowohl der Angeklagte als auch Ali A. es zum Kochen benutzt hätten. Nach dem Angriff habe er sofort Fotos von dem Opfer gemacht und dafür gesorgt, dass Mohammed M. das Haus bis zum Eintreffen der Polizei nicht verlässt.

Der Prozess wird am 6. November mit dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen fortgesetzt. (*Namen geändert) Hoga

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