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Potsdam-Mittelmark: Ein Blick in alte Höfe

Teltows Altstadt öffnete Ackerbürgerhäuser

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Teltow - Die Altstadt hielt Hof am Sonntagnachmittag, genauer gesagt: die Höfe hinter den über hundertjährigen Ackerbürgerhäusern öffneten sich erstmals für Publikum. Der Einladung folgten viele Teltower und Gäste, um einen Blick hinter die Fassaden in der Breiten Straße zu werfen. Soviel grüne Idylle hinter Toren und Mauern hatten nur die wenigsten vermutet und so trug ein Spaziergang über uriges Kopfsteinpflaster, vorüber an verwitterten Mauern und duftenden Kräuterbeeten dazu bei, dass viele den ungekünstelten Charme der Altstadt schätzen lernten. Ein Verdienst, das besonders den Initiatoren der Lokalen Agendagruppe „Altstadt“ gebührt.

Einige von ihnen hatten erst vor wenigen Jahren für sich den Reiz der Altstadt entdeckt so wie der Architekt Jörg Langner, der das Haus Nummer 13 vor dem Abriss bewahrte. Eine Genehmigung zum Abbruch lag bereits vor, aber der Architekt befand: Dieses Haus ist noch zu retten, ebenso die stadtbildprägende Grundstücksmauer aus roten Ziegeln. Früher war eine Bäckerei in dem Haus und wer Brot und Kuchen kaufen wollte, gelangte über den Hausflur in den Bäckerladen. Dort, wo sich einst die Backstube befand, ist heute eine Terrasse und der Laden wurde zum Wohnraum. Auf dem Hof verrieten am Sonntag Jongleure ihre Tricks und der Maler Hans-Jürgen Brauer hatte die alten Mauern mit einigen seiner Werke dekoriert. Auch seine Staffelei, nebst Pinseln und Leinwand hatte er mitgebracht.

Altes Korbflechterhandwerk führte der Schenkenhorster Erhard Nickel vor, der berichtete, dass das Weidenmaterial auf den Rieselfeldern seines Dorfes wachse. Vor allem Kinder waren begeistert von den alten Handwerkskünsten, die an vielen Ständen der Breiten Straße vorgeführt wurden wie beispielsweise das Filzen, für das neben Wollfasern auch Wasser und Seife gebraucht wird. Spaß machte den Jüngsten vor allem das Rollen von Bällen, denn erst die Bewegung der Fasern bewirkt, das daraus ein fester Stoff entsteht, erklärte ihnen Kerstin Wendlandt von der Kreativen Werkstatt, die auch in der Altstadt ansässig ist. Das Brettchenweben, eine fast vergessene Volkskunst, führte Mario Theissen am Stand des Heimatvereines vor. Als Webgerät dienen Brettchen, die an den Ecken mit Löchern versehen sind, durch die Fäden gezogen werden. Dreht man die Brettchen verzwirnen sich die Fäden zu einer Schnur und nach jeder Drehung entsteht eine neue Gewebereihe und daraus schließlich ein Band. Gezeigt wurden auch eine alte Buttermaschine und eine Handschrotmühle, durch die wurde Korn solange gemahlen bis aus rosafarbenem Grobmehl schneeweißes Pulver entstand. Dafür waren rund 20 Mahlgänge nötig, um dann Brot backen zu können.

Einen Holzbackofen hatte Bäckermeister Neuendorff im Hof gegenüber aufgestellt, daneben zapfte die Templiner Braumanufaktur pausenlos Bier und die Holzwerkstatt Potsdam präsentierte ihre Angebotspalette von der Aufarbeitung alter Fensterrahmen bis zu Möbelsonderanfertigungen. Bestaunt wurde auch das noch erhaltene Taubenhaus auf dem Hof, während nebenan in der Nummer 24 ein typisches Stallgebäude zu besichtigen war, das die gesamte Grundstücksbreite einnimmt. Die ehrwürdigen Gemäuer und ihre Geschichten – soviel wurde klar – sind ein Erfolgsgarant für weitere „Hof-Feste“. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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