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Gruppenfoto zum Abschluss. Die Eltern waren froh, ihre Kinder ausgelassen und fröhlich zu sehen.

© pr

Fest für Flüchtlinge in Ferch: Ein Blütenfesttag als Geschenk

Zuckerbaum-Verein lud Asylbewerber aus Ferch mit ihren Kindern auf seine Streuobstwiese ein

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Werder (Havel) - Die Hängematte pendelt hin und her, nur ein paar Haarspitzen und ein Auge lugen hervor. Ein Junge springt heran, ruft „Kuckuck“ in den Hängematten-Kokon und mit einem Schubs verpasst er dem Träumer etwas Schwung. Kurz darauf tönt es „Kuckuck“ zurück aus der Hängematte – eine Aufforderung, das Spiel fortzusetzen. „Kinder brauchen nicht viele Worte, um sich zu verstehen“, sagt Bianca Sommerfeld vom Glindower Obstwiese eingeladen hatte.

Rund 40 Asylbewerber, die zurzeit im Fercher Erstaufnahmelager leben, wurden mit den privaten Autos der Vereinsmitglieder abgeholt. „Alle hatten sich festlich angezogen, warteten schon vor dem Heim und die Kinder waren ganz aufgeregt“, berichtet Sommerfeld. Am Tag zuvor waren die Vereinsmitglieder noch bis 1 Uhr nachts mit den Festvorbereitungen beschäftigt gewesen. „Das war ein riesiger Kraftakt für uns, denn wir sind alle berufstätig“, so Sommerfeld.

"Viele hatten Haus und manche vielleicht einen Garten"

Die Idee hatte Vereinsvorsitzende Karin Wiserner, nachdem sie Zeitungsartikel über die Situation der Fercher Flüchtlinge gelesen hatte. „Die haben alles zurückgelassen, um herzukommen und in Sicherheit zu sein“, sagt sie. Immer wieder sei ihr durch den Kopf gegangen, wie groß der Druck gewesen sein muss. „Viele hatten ein Haus und manche vielleicht auch einen Garten“, hatte sie überlegt und so sei es naheliegend gewesen, die neuen Nachbarn zum Baumblütenfest einzuladen und den Garten zu teilen.

Karin Wiserner hatte als 15-Jährige mit Eltern und Großeltern Siebenbürgen in Rumänien verlassen. „Aber unsere Situation ist nicht vergleichbar mit der Not, die diese Familien zwang, alles aufzugeben“, sagt sie. Die Streuobstwiese am Obstpanoramaweg entdeckte sie vor drei Jahren. Das rund 4500 Quadratmeter große Gelände wurde kultiviert und steht seither der Björn-Schulz-Stiftung zur Verfügung, die Familien mit unheilbar erkrankten Kindern betreut.

Kleine Geschenke für Flüchtlingskinder

Einige der Familien sind zum Blütenfest gekommen und auch vorbeiradelnde Festbesucher lädt ein Schild am Eingang ein: „Essen für einen guten Zweck“, daneben, auf ein Holzstück gepinnt, Fotos von Alpakas, die in einem Gehege am Wiesenrand neugierig das Treiben ringsum beobachten. Die Wuschelköpfe glucksen jeden an, der näher kommt. Es sind zahme Therapietiere, die besonders zu Menschen mit Handicap rasch eine Beziehung aufbauen können.

Während deutsche und ausländische Erwachsene unter weißen Blütenkugeln entspannen, toben ihre Sprösslinge herum, erkunden das Spielhaus auf dem Hügel, schaukeln, wippen und krabbeln durch das Ei auf den Balancierstangen. Vor allem das Trampolin ist begehrt. Auch die Flüchtlingskinder hüpfen und springen, bis ihre Puste nicht mehr reicht. Als später kleine Wettkämpfe mit Sackhüpfen und Ballontragen veranstaltet werden, reihen sich deutsche Kinder spontan ein. Am Schluss gibt es für die Flüchtlingskinder kleine Preise, darunter Puppen, Kuscheltiere, Spiele und kleine Taschen. Sponsoren haben sie gestiftet.

Sogar Busfahrer machen Werbung für den Verein

Ein Mädchen hat eine pinkfarbene Schachtel in Herzform ergattert und trägt sie wie eine Kostbarkeit zu ihren Eltern. Die Erwachsenen strahlen und man sieht ihnen an, wie gut es auch ihnen tut, ihre Kinder so ausgelassen fröhlich zu sehen.

Im Ort hat sich das Engagement des Vereins längst herumgesprochen. „Sogar die Busfahrer, deren Tour über den Panoramaweg führt, machen Werbung für uns“, erzählt Bianca Sommerfeld stolz. Vor allem Familien würden gern kommen, weil es nicht so laut sei wie auf der Inselstadt. Zum Abschied posieren am Sonntag alle für ein großes Gruppenfoto. Aber schon während des Festes sind sich die Vereinsmitglieder um Karin Wiserner einig, dass es nicht das letzte Treffen mit den Flüchtlingsfamilien sein wird. 

Kirsten Graulich

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