Potsdam-Mittelmark: Ein brisanter Mix
Landratsamt will die wilden Müllhalden am einstigen ACZ Beelitz 2007 weiter beräumen
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Beelitz/Potsdam-Mittelmark - Asbestzement, geteerte Dachpappe, Altreifen, Holzschutzmittel, Altöl, Batterien, Farben, Lacke und Öle: Es ist ein brisanter Mix, der seit Jahren in Beelitz zwischen der Hermann-Löhns-Straße und der Bahnhofstraße lagert. Auf dem Gelände des einstigen Agrochemischen Zentrums (ACZ) liegen wilde, ungeordnete Müllhaufen, soweit das Auge blickt. Gesichert werden sie durch einen provisorischen Bauzaun. „Eine Hinterlassenschaft von privaten Container- und Recyclingfirmen, die sich nach der Wende auf dem Areal niedergelassen haben und mittlerweile in Insolvenz gegangen sind“, sagt Bürgermeister Thomas Wardin (SPD). Immer wieder werde seine Verwaltung von Einwohnern aufgefordert, etwas zu unternehmen, doch die Zuständigkeit für die illegale Müllentsorgung liege eindeutig beim Landratsamt in Belzig.
In der Tat hat das Landratsamt in den vergangenen Jahren mehmals einzelne Flächen an der Hermann-Löhns-Straße beräumen lassen. Doch es sei ein enormer Aufwand, die riesigen Müllmengen zu entsorgen, sagte Wolfgang Lorenz vom Fachbereich Umwelt des Landratsamtes den PNN auf Anfrage. Auf der Prioritätenliste ganz oben stehe jedoch ein Teilgebiet an der Beelitzer Hermann-Löhns-Straße, das einst der mittlerweile insolventen Firma Vollbrecht gehört habe. Etwa 710 000 Euro werde die vollständige Altlastenentsorgung dort kosten. Diese Summe sei im Entwurf des Kreishaushalts für 2007 angemeldet worden. Ob der Betrag letztlich auch vom Kreistag bestätigt werde, stehe noch nicht fest.
Für Bürgermeister Wardin ein Hoffnungsschimmer. Denn auch in Beelitz zeigt sich: Wo einmal Müll liegt, kommt stets noch mehr hinzu. Immer wieder wird neuer Unrat vor die Bauzäune am einstigen ACZ abgekippt.
Insgesamt 17 Millionen Euro würde die Beseitigung aller illegalen Müllplätze im Landkreis Potsdam-Mittelmark kosten, erläuterte Lorenz. Den Löwenanteil daran hätten – ähnlich wie in Beelitz – neun Standorte von ehemaligen privaten Container- und Recyclingfirmen, die heute nicht mehr zu belangen seien. Allein 12 Millionen Euro würden die Entsorgungskosten für den neuesten Fall, die ehemalige Fläming-Sortieranlage in Neuendorf bei Niemegk, betragen. Diese nunmehr größte illegale Müllkippe in Potsdam-Mittelmark war im vergangenen Jahr vom Land in die Zuständigkeit des Landkreises übergeben worden.
„Wir können nur schrittweise vorgehen“, so Lorenz. An erster Stelle stünden die Sicherung der Standorte und eine Gefahrenabschätzung. Danach werde dann eine Prioritätenliste erstellt, die es langsam abzuarbeiten gilt. Allerdings sehe die Kreisverwaltung auch die Landesregierung in der Verantwortung. „Es kann nicht sein, dass das Land die Recyclinganlagen erst genehmigt und – wenn es schief geht – die Verantwortung für die Altlastenbeseitigung automatisch an die Landkreise weiter gibt“, betonte Lorenz. Wichtig sei, für die Genehmigung solcher Anlagen, von den Antragstellern Sicherheitsleistungen zu fordern, um sie im Schadensfall auch belangen zu können.
Im Fall der Fläming-Sortieranlage lehnt der Landkreis die Verantwortung deshalb bisher ab. Sie sei einst vom Brandenburgischen Landesumweltamt genehmigt und trotz dessen Aufsicht nicht korrekt errichtet und betrieben worden. Deshalb sei auch das Landesumweltamt weiter zuständig, heißt es seitens der Kreisverwaltung. Auf keinen Fall könnte der Landkreis 12 Millionen Euro für die Entsorgung aufbringen.
Auch im Fall Beelitz ist noch unklar, ob der Landkreis jemals etwas von seinem Geld zurück bekommt. Laut Lorenz sei jedoch das betroffene Areal mit den Kosten für die Entsorgung „grundbuchrechtlich belastet worden“. Das heißt: Sollte sich ein neuer Eigentümer finden, müsste er dem Landkreis die bisherigen Ausgaben erstatten. Hagen Ludwig
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