Potsdam-Mittelmark: Ein Fall für den Landesrechnungshof
In Caputh wird Tempo 30 in der Straße der Einheit wieder abgeschafft – die Zone ist nicht förderfähig
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Schwielowsee - Am Freitag wird der jährliche Prüfbericht des Landesrechnungshofes vorgestellt. Im Rathaus Schwielowsee hat der Inhalt schon jetzt für Unruhe gesorgt. Es geht um die Tempo-30-Zone in der Straße der Einheit, der wichtigsten Verbindungsstraße zur Caputher Fähre. Wenn die Gemeinde nicht über eine halbe Million Euro Fördermittel zurückzahlen will, muss die Zone abgeschafft werden, wie Ordnungsamtsleiter Markus Zeeb am Dienstagabend im Bauausschuss erklärte.
Die Potsdamer Prüfer hatten in diesem Jahr die Verwendung von Straßenbaufördermitteln des Landes geprüft. Der Sprecher des Bauministeriums Lothar Wiegand erklärte gestern gegenüber den PNN, dass das Land prinzipiell keine Tempo-30-Zonen bezuschusse, dies ist in diesem Jahr auch Thema der Rechnungsprüfer gewesen. „Fördermittel gibt es nur für verkehrsbedeutsame Straßen. Auch wenn es nicht explizit in den Förderrichtlinien steht, sind Tempo-30-Zonen damit ausgeschlossen“, so Wiegand. Ausnahmen könnten allenfalls vor Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäusern gemacht werden. „Die Kommunen wissen das auch.“
Die Gemeinde Schwielowsee hatte im April 2003 die Förderzusage für die Straße der Einheit bekommen – die Hälfte der Kosten von 1,15 Millionen Euro hatte das Land übernommen. Ordnungsamtsleiter Zeeb erklärte, dass in der Straße schon seit dem Jahr 2001 Tempo 30 gelte. „Uns war klar, dass es eine Gratwanderung war, daran festzuhalten.“ Im Infrastruktur-Ausschuss war man sich am Dienstagabend derweil einig, dass der Verkehr schon durch das wechselseitige Parken beruhigt wird. Die 30-Zone soll abgeschafft werden, damit das Geld nicht zurückgezahlt werden muss. Nur vor Schule und Kindergarten soll auch künftig von 8 bis 18 Uhr 30 gelten. Die Straße der Einheit werde wieder zur Hauptstraße, wie es hieß – noch gilt rechts vor links. Nächste Woche soll umbeschildert werden.
Im Bauausschuss wurde die Abschaffung des Tempolimits nicht durchweg bedauert. Gemeindevertreter Dietrich Kalicki (Die Linke) schlug sogar vor, auch die Verkehrsberuhigung in der Weinbergstraße, der zweiten Zufahrtstraße zur Fähre, abzuschaffen. Sie war unmittelbar nach der Straße der Einheit saniert worden – 75 Prozent der Kosten wurden vom Land gefördert. Man wolle aber nicht in „vorauseilendem Gehorsam“ tätig werden, wie es hieß.
Nach Angaben des Landesrechnungshofes wurden in diesem Jahr stichprobenartig unter anderem 40 Projekte der Jahre 2002 bis 2006 geprüft, die aus dem sogenannten „Gemeindverkehrsfinanzierungsgesetz“ gefördert wurden – Bundesmittel, die vom Land weitergereicht wurden. Es habe eine ganze Reihe von Beanstandungen gegeben, sagte die zuständige Prüferin Sieglinde Reinhardt. Für Brücken, Radwege, Ortsdurchfahrten oder Gemeindeverbindungsstraßen seien Fördermittel ausgereicht worden, ohne dass die Dringlichkeit oder eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse erkennbar gewesen sei. Tempo 30 sei dabei nur eines der Themen gewesen.
Größter Schildbürgerstreich sei eine in Luckenwalde geförderte Anschlussstraße an die B 101, die nun aufgrund von Planungspannen kurz vor der Bundesstraße in einer Sackgasse endet. In anderen Fällen habe es Mängel bei Ausschreibungen oder der Funktion von Straßen gegeben, sagte Reinhardt. Künftig sollten deshalb die zuständigen Landesbetriebe für Straßenwesen stärker Einfluss auf die Kommunen nehmen.
Das Verhalten der Gemeinde Schwielowsee nannte Reinhardt „nicht ganz koscher“. Das Rathaus habe gewusst, dass eine 30-Zone nicht gefördert werden kann – und seine Absichten gegenüber dem Landesbetrieb Straßenwesen Potsdam „bewusst verschleiert“. Henry Klix
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