Wasserbüffel in Werder (Havel): Ein Fleischpaket als Zins
Der Biohof Werder will sich mit Wasserbüffeln, Kirschen und madenfressenden Hühnern etablieren. Finanziert wird das durch „Büffel-Aktien“.
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Werder (Havel) - Schweren Schrittes trottet die Herde auf der Weide am Töplitzer Wolfsbruch in Richtung Wasserstelle. Dann erblicken die schwarzen Zottel mit den langen, nach hinten gebogenen Hörnern Jochen Fritz und kommen mit neugierig geneigtem Kopf auf ihn zu. Feuchte Nasen beschnuppern seinen Arm, dann kann Fritz die Wasserbüffel streicheln. Der kuschlige Eindruck der Büffel trügt, ihr Haar ist kurz und drahtig. „Die Tiere sind dafür gemacht, das ganze Jahr über draußen auf der Weide zu stehen“, so Fritz, der mit seiner Frau und zwei befreundeten Paaren den Biohof Werder betreibt.
Wasserbüffel sind anspruchslose Tiere. Ihnen genügt das karge Gras, das auf der Insel zwischen der Autobahnbrücke und der Holzbrücke über die Wublitz wächst – Milchkühe könnten davon nicht ernährt werden. Auf sechseinhalb Hektar können sich die sieben Tiere des Biohofes gemeinsam mit ein paar Büffeln und Galloway-Rindern der Töplitzer Bäuerin Anne Querhammer austoben. Querhammer gehört zu den drei Betreiberpaaren des Biohofes und kümmert sich um die Huftiere, ihre Familie hält bereits seit zwei Jahren Wasserbüffel. Seit Mai dieses Jahres stehen die Tiere des Biohofes mit auf der Weide. „Querhammers und wir haben uns um die Pacht der Flächen beworben, und statt uns Konkurrenz zu machen, beschlossen wir, zusammenzuarbeiten“, so Jochen Fritz.
Im Sommer 2014 kam dem Agraringenieur die Idee zum eigenen Biohof, im November wurden die ersten Flächen angepachtet. Über die Waldorfschule, auf die die älteren seiner drei Kinder gehen, hat er den Werderaner Roland von Schmeling kennengelernt, der Betriebe auf die Einhaltung der Bio-Richtlinien hin kontrolliert. Gemeinsam mit Querhammers gründeten sie den Biohof, obwohl es streng genommen gar keinen echten Hof gibt – nur über Werder verteilte, angepachtete Weiden und Plantagen. Neben den Büffeln picken am Töplitzer Ortseingang 200 Hühner fröhlich unter alten Kirschbäumen, auch eine Kirschplantage in Glindow gehört den Biobauern.
Im Landkreis ist ökologischer Landbau eher exotisch, bis auf den Töplitzer Weinbauern Klaus Wolenski und kleine Höfe in Beelitz wird nur konventionell gearbeitet. Fritz – Mitinitiator des derzeit laufenden Volksentscheides gegen Massentierhaltung und der Kampagne „Meine Landwirtschaft“, die Demos gegen Massentierhaltung organisiert – will mit dem Projekt zeigen, dass man auch auf den Werderaner Böden ökologisch wirtschaften kann.
So sind die Hühner in zwei umgebauten DDR-Anhängern untergebracht, die alle zwei Wochen innerhalb der Kirschplantage umziehen. „Die Hühner sollen Maden der Kirschfliege fressen und gleichzeitig den Boden unter den Bäumen düngen“, so Fritz. Bisher funktioniere das gut. Auch die Eier, die im Potsdamer Q-Regio-Laden und in Werder in der Eisenbahnstraße 158 zu kaufen sind, würden gut gehen, obwohl sie mit 45 Cent pro Stück teurer sind als normale Freilandeier. „Wir wollen den Hühnerbestand einmal auf bis zu 1000 Tiere aufstocken, wenn wir genügend Wagen umgebaut haben, um auch auf den Glindower Plantagen Hühner laufen zu lassen“, so der 41-Jährige.
Trotz der großen Anzahl der Tiere haben die Hühner Platz. Die Wagen sind groß, die Klappen zum großen Freilauf öffnen sich morgens automatisch. Durch die ständigen Umzüge haben die Hühner immer frisches Gras und Würmer zum Picken. Kreist ein Greifvogel über ihnen, verstecken sie sich unter den Bäumen oder ihrer Behausung. Eine Handvoll Tiere hat sich seit dem Frühjahr zwar der Fuchs geholt, das ist Fritz zufolge bei Freilandhaltung aber nicht zu vermeiden. Um die Hühner kümmern sich in den nächsten Wochen Schüler der Potsdamer Montessori-Schule, mit der der Biohof für Schulprojekte zusammenarbeitet.
Bisher wurden in den Hof gut 20 000 Euro investiert. Das Geld stammt größtenteils aus „Büffel-Aktien“: Interessenten können für 500 Euro einen Anteilsschein kaufen und bekommen dafür drei Prozent Zinsen, die in Naturalien wie Kirschen, Eiern und später auch Büffelfleisch ausgezahlt werden. Mit dem Geld werden beispielsweise Zäune für die Hühner oder neue Bäume gekauft. Das ist nötig, da die Kirschplantagen in Glindow und Töplitz langfristig in Streuobstwiesen umgewandelt werden sollen, auf denen auch andere Obstbäume stehen werden.
Auch die Büffelherde soll Jochen Fritz zufolge weiter wachsen: In ein paar Jahren sollen bis zu 20 Tiere auf dem Wolfsbruch grasen. Mit ihren Hufen und dem Dung sollen sie den Boden soweit verbessern, dass aus der öden Grassteppe einmal eine blühende Wiese wird. Auf Büffelfleisch müssen die Werderaner allerdings noch etwa zwei Jahre warten: Das erste Kalb kam erst in diesem Jahr zur Welt, und Büffel wachsen langsam.
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