Von Tobias Reichelt: „Ein freundschaftliches Angebot“
Stahnsdorf hat sich lange gegen Windkrafträder im Ort gewehrt, jetzt wird die Strategie gewechselt
Stand:
Stahnsdorf - Das Thema Windkraft in Stahnsdorf bleibt kompliziert: Eigentlich will die Räder keiner haben, aber die Möglichkeiten, sie zu verhindern sind gering. Deshalb greift die Kommune jetzt zu einem ungewöhnlichen Mittel – sie gibt die Verweigerungshaltung auf, aber stellt neue Bedingungen. Ein Planwerk soll künftig Flächen im Ort zur Windenergienutzung ausweisen, andere ausschließen. Mit Folgen: Die vorgeschlagenen Wind-Areale liegen fernab der von den Berliner Stadtgütern und der Plan8 GmbH bereits vor Jahren ins Auge gefassten Fläche für den Bau eines Windparks im Ort. Ende des Jahres sollte Baustart für die 29 Räder sein. Das Planwerk der Kommune könnte die Investoren nun behindern. Sie drohen deshalb mit Schadensersatzklagen in Millionenhöhe.
„Wir als Kommune nehmen jeden Strohhalm in die Hand, um die Totalverspargelung unserer Landschaft zu verhindern“, erklärte gestern Bauausschusschef Claus-Peter Martensen (CDU) das Stahnsdorfer Vorhaben. Am kommenden Dienstag soll im Bauausschuss erstmals über den Teilflächennutzungsplan „Windenergienutzung“ beraten werden. Keinesfalls sei das Planwerk als Kampfansage an die Windkraft-Investoren zu verstehen. „Das ist ein freundschaftliches Angebot“, so Martensen. Die Gemeinde wolle ihr Gestaltungsrecht wahrnehmen, schließlich würde bei dem Bau der bis zu 175 Meter hohen Anlagen in „Größenordnungen“ in die Landschaft eingegriffen. Man wolle sich den Windpark-Investoren nicht verweigern, aber das Schlimmste verhindern, so Martensen.
Die von der Gemeinde als Windkraftgebiet vorgeschlagenen Flächen liegen südöstlich von Stahnsdorf, an der Stadtgrenze zu Teltow und ebenfalls auf den Rieselfeldern. Sie machen etwa 10 bis 20 Prozent der gesamten Stahnsdorfer Rieselfeldfläche aus, erklärte Martensen. Die Flächen wären aber deutlich kleiner als das von den Investoren bislang für den Bau ihres Windparks ins Auge gefasste Areal in Nachbarschaft der Ortsteile Sputendorf und Schenkenhorst.
Auf Seiten der Berliner Stadtgüter ist die Überraschung über die Pläne der Gemeinde groß: „Damit haben wir nicht gerechnet, das ist enttäuschend“, sagte gestern Stadtgüterchef Peter Hecktor. Seinem Betrieb gehört ein Großteil der ehemaligen Rieselfelder im Süden Stahnsdorfs. Der Widerstand vor Ort ist Hecktor bewusst. Immer wieder wurden Angebote an die Stahnsdorfer gemacht, die Zahl der Räder zu reduzieren und den Abstand zur Wohnbebauung zu vergrößern. Einzige Voraussetzung: Die Kommune müsse mit den Investoren zusammenarbeiten. Stahnsdorf lehnte ab, lange Zeit aus gutem Grund: Bis Herbst vergangenen Jahres durften auf den Rieselfeldern gar keine Windräder gebaut werden. Der „Teilplan Windenergie“ der Regionalen Planungsstelle Havelland-Fläming hatte den Bau ausgeschlossen. Dann erklärte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Plan jedoch für nichtig. Der Weg für die Windkraft war frei.
„Es sind Tatsachen geschaffen worden“, sagte Hecktor. Die Bauanträge seien gestellt. Ende des Jahres sollen die Arbeiten beginnen. Die Aufstellung des Teilflächennutzungsplanes von Seiten der Gemeinde könnte lediglich den Zeitplan ins Wanken bringen – nicht das Vorhaben an sich. Umplanen wolle man nicht. Stadtgüter und Plan8 würden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, kündigte Hecktor an. Der vom Rathaus geplante Teilflächennutzungsplan sei ein Eingriff in die Eigentumsrechte, so Hecktor. Stahnsdorf müsste Entschädigungen zahlen. „Dann kann uns die Gemeinde über Jahrezehnte jedes Jahr 500 000 Euro überweisen und an Plan8 ein Vielfaches dieser Summe“, sagte Hecktor.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: