Potsdam-Mittelmark: Ein Haus für alle
Stahnsdorf hat es nicht, aber will es: Ein Bürgerhaus für Kunst, Kultur und Begegnungen. Das Ziel ist klar, der Weg aber nicht
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Stahnsdorf – Was hat er da bloß angezettelt. Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB) sitzt am Telefon und sagt erst mal gar nichts. Bürgerhaus. Ja, die Debatte hatte er einmal angestoßen. Zwei Jahre sei das her, seitdem haben Arbeitsgruppen getagt und es wurden sogar Umfragen durchgeführt. Es gab eine Idee, viele Meinungen und am Ende zwei Bürgerhausvereine. An einem Tisch saßen sie bislang noch nicht. Das muss sich jetzt ändern, sagt Albers.
Mit einem Appell zur Zusammenarbeit hat sich Stahnsdorfs Bürgermeister an die beiden Vereine gewandt: „Wenn wir ein Bürgerhaus wollen, sollten wir unsere Kräfte bündeln“, erklärte Albers. „Wir brauchen in jedem Fall ein Bürgerhaus. Man darf es aber nicht zerreden.
Zerreden will Marion Storm auch gar nichts. Die Besitzerin des Stahnsdorfer „Café im Garten“ spricht von Möglichkeiten. Mit ausladenden Armbewegungen erzählt die 62-Jährige von der Chance, einem heruntergekommenen Haus am Eingangstor zum Ort, dem Stahnsdorfer Hof, eine Zukunft zu schenken. Die Rede ist vom „Bürgerhaus Ruhlsdorfer Straße 1“. Das nur noch von einer Familie als Wohnhaus genutzte Gebäude in Eigentum der Kommune soll künftig teilweise, später vielleicht auch vollständig der Kunst dienen, sagt Storm. Das ist das Ziel des im Februar gegründeten Vereins.
„Stahnsdorfs Künstler wünschen sich Wände, die ein Leben erzählen“, sagt Storm mit leuchtenden Augen. Ein Dutzend Mitglieder zählt ihr Verein, darunter auch regional bekannte Künstler wie Frauke Schmidt-Theilig. In ganz Stahnsdorf gebe es keinen Ort, um Kunst in einem größeren Rahmen öffentlich ausstellen zu können. Anders als in Kleinmachnow. Dort wurde vor wenigen Wochen, nicht weit vom Stahnsdorfer Hof entfernt der Kunst- und Kulturraum im Zehlendorfer Damm 200 eröffnet. Die Gemeinde investierte fast 195 000 Euro, um das Haus zu entkernen, einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen und moderne Technik einzusetzen. Ein fantastisches Beispiel, sagt Storm. Gleiches schwebt ihr für das 1911 erbaute Wohnhaus am Stahnsdorfer Hof vor. Eine Art künstlerische Achse könnte entstehen. Im September, zur Stahnsdorfer Kunstmeile, will ihr Verein erstmals auf dem Grundstück für das Bürgerhausprojekt werben.
Das mit der Werbung hat Uta Reuß-Knote schon geschafft. Die Chefin des anderen Vereins „Bürgerhaus Stahnsdorf“ konnte bereits zu einem Jazz-Abend im Mai einladen. Darauf ist die 66-jährige Stahnsdorferin stolz. Viele Gäste kamen, die Stimmung war gut, der vorerst provisorische Raum in der Wilhelm-Külz-Straße nicht schlecht, aber eben ein Provisorium. Den 14 Vereinsmitgliedern schwebe etwas anderes vor, etwas Größeres. „Mein Favorit für ein Bürgerhaus wäre die alte Feuerwache“, sagt Reuß-Knote. Dort könnte am Stahnsdorfer Dorfplatz ein soziales Zentrum entstehen, ein Ort für Künstler, für Familien, für Kinder, für Senioren. Ganz nach dem Vorbild des Mehrgenerationenhauses Philantow in Teltow. Es soll ein Ort für Selbsthilfevereine, für Gesundheitsberatungen, Steuerhilfe, Mutter-Kind-Gruppen, Seniorentreffen, Computerkurse oder Briefmarkensammler sein – und auch für die Kunst. „Kultur wollen wir auch anbieten, unserer Schwerpunkt wäre aber das Soziale“, sagt Reuß-Knote.
Die Zeit für die Idee mit der Feuerwache scheint gerade richtig: Das denkmalgeschützte Haus erweist sich als zu klein für die neuen Löschfahrzeuge. Für viel Geld müsste der Dreiseithof umgebaut werden. Oder man baut eine neue Feuerwache. Dann wäre der Weg für das Bürgerhaus frei. Der Bedarf sei da, schon jetzt sucht der Verein dringend einen Raum für eine Mutter-Kind-Gruppe.
Und beide Vereine unter einem Dach? Ute Reuß-Knote zuckt mit dem Schultern. Das ginge, aber nicht in der Ruhlsdorfer Straße 1. Zu klein, zu baufällig und als Wohnhaus nicht für öffentliche Veranstaltungen ausgelegt. Auch Marion Storm hat nichts gegen eine Zusammenarbeit – aber nicht in der Feuerwache. Ob die Kameraden überhaupt ausziehen wollen, sei zudem fraglich. „Wir wollen jetzt anpacken“, sagt Storm. Dazu sei das Haus am Stahnsdorfer Hof geeignet.
Doch zwei Bürgerhäuser wird es nicht geben, sagt Albers. Er will die Debatte deshalb im Herbst auch mit Zahlen unterlegen. Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen soll zunächst über die Zukunft der Feuerwehr beraten werden und anschließend über eben ein Bürgerhaus – egal, wo es entstehen wird. Tobias Reichelt
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