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Was ist angemessen? Die Maia zahlt in Werder pro Quadratmeter 4,20 Euro.

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Potsdam-Mittelmark: Ein hausgemachtes Problem

Jobcenter vergleicht Wohnungsmarkt in Werder mit Bad Belzig. Im Rathaus wundert man sich darüber

Stand:

Werder (Havel) - Der Mietpreis für belegungsgebundene Wohnungen in Werder liegt zwischen 4,98 Euro und 5,27 Euro pro Quadratmeter, auf dem frei finanzierten Markt zahlt man 5,79 bis 9,50 Euro. Die Zahlen kommen vom Rathaus, das Jobcenter Maia zahlt für eine Wohnung für drei Personen höchstens 4,20 Euro. Dafür hat allenfalls die Wohnungsgenossenschaft Havelblick gelegentlich Unterkünfte zu bieten, derzeit ist alles weg.

Die Linken haben das zum Anlass für eine Anfrage beim Landratsamt und beim Rathaus Werder genommen. Im Kern wollen sie wissen, ob Arbeitslose zu dem, was die Maia zahlt, denn eine Wohnung finden. Das Landratsamt hat bereits geantwortet, in einem Satz: „Akute Probleme bezüglich der Wohnraumversorgung für Leistungsempfänger nach dem SGB II werden derzeit nicht gesehen.“ In Werder soll die Frage bei der nächsten Aufsichtsratssitzung der kommunalen Wohnungsgesellschaft HGW thematisiert werden, sagte die 1. Beigeordnete Manuela Saß.

Auch sie versteht nicht, wo die Maia die „angemessenen Kosten“ für die Unterkunft hernimmt. Die HGW als größter Vermieter der Stadt habe, von der Maia vor längerer Zeit befragt, gemeldet, dass ihre Mietkosten zwischen 5,11 und 5,27 Euro liegen. Die Maia hat daraus, je nach Familien- und Wohnungsgröße, zwischen 4,20 und 4,85 Euro gemacht. „Das verwundert doch sehr“, so Saß im Hauptausschuss.

In einer Geschäftsanweisung hat das Jobcenter vier mehr oder weniger attraktive Wohnungsmarkttypen zusammengefasst: Beelitz bildet eine Gruppe mit Niemegk und Groß Kreutz, Teltow mit Kleinmachnow. Michendorf ist der gleiche Typ wie Nuthetal, Schwielowsee und Stahnsdorf. In Werder sollen die Mieten für Wohnungen bis 80 Quadratmeter demnach die günstigsten im Kreis sein: Die Stadt bildet eine Gruppe mit Belzig und Seddiner See.

Schlussfolgerung von Saß: „Wenn Leute hier ihre Wohnungen verlassen müssen, ist das ein vom Landkreis hausgemachtes Problem.“ Die Beigeordnete erinnert an ein Urteil des Potsdamer Amtsgerichts vom vorigen Jahr, wonach der Potsdamer Mietspiegel mit zehnprozentigem Abschlag auch in Werder anzuwenden ist. „Da passt etwas nicht zueinander.“

Das meint auch Ulrike Otto von der Wohnhilfe des Diakonischen Werks in Werder. Die Angemessenheitsgrenze sei so niedrig, dass man kaum Wohnraum für Bedürftige findet. Für zwei ihrer Klienten suche sie seit Monaten vergeblich. Viele Alg II-Empfänger würden 20 bis 30 Euro draufzahlen, um nicht in die Pampa zu müssen. „Für das, was die Maia zahlt, gibt es nur abgelegene Wohnungen weitab vom öffentlichen Nahverkehr“, so Otto gegenüber den PNN. „Da sinken nochmal die Chancen, Arbeit zu bekommen.“

Das Problem besteht nicht allein in Werder: Nach einer aktuellen Erhebung der Bundesagentur für Arbeit anerkennt die Maia im Schnitt Nettomieten von 4,67 Euro pro Quadratmeter, real würden sie bei 4,83 Euro liegen. In einer Antwort des Landratsamtes auf eine Anfrage der Linksfraktion vom Herbst heißt es, dass jeder zwölfte Hartz-IV-Empfänger Mietdifferenzen aus eigener Tasche begleicht.

Aus Sicht der Maia handelt es sich häufig um geringe Beträge, wie deren Vize Heinz Wachowski auf Anfrage erklärte. Wenn nachgewiesen wird, dass keine Wohnungen zum geforderten Mietziens zu finden ist, sei man kulant. Dennoch sei das Problem erkannt. „In diesem Jahr steht eine Überprüfung der Zahlen an“, so Wachowski, möglicherweise werde man den Preissteigerungsindex heranziehen.

Wie hoch der Mietzuschuss sein darf, sei zuletzt vor zwei Jahren von der Hamburger Agentur „Analysen und Konzepte“ ermittelt worden. Das Verfahren sei komplex, aus den unteren 45 Prozent der ermittelten Unterkunftskosten in den Kommunen sei ein Mittelwert gebildet worden. „Dass Werder in eine Gruppe mit Bad Belzig gekommen ist, wurde von der Agentur so errechnet.“ Man haben sich darauf verlassen – zumal die Hamburger bei der Ermittlung der Unterkunftskosten bundesweit unterwegs sind. Henry Klix

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