zum Hauptinhalt

KulTOUR: Ein letzter Seufzer: „Du Hahn!!!“

„Das Zickenkränzchen“ mit Regina Thoss im Beelitzer Schmiedehof

Stand:

Beelitz -Lästermäuler erfreuen sich heutzutage großer Beliebtheit, vor allem im Fernsehen. Es ist chic, gnadenlos über andere herzuziehen, Frauen über Männer, Männer über Frauen, jeden über jeden, nicht nur beim Fernsehen, auch in Beelitz. Im Schmiedehof, dem jüngsten und vielleicht endgültigen Neuerwerb des Optikers Bernhard Knuth in der Poststraße, tat sich am Sonntagnachmittag ein seltsames Trio zusammen, Regina Thoss in der Funktion eines „Stars“, Sabine Münz blond und „naiv“, schließlich Sabine Svoboda mit der Pflicht, sich als „Mondäne“ zu geben. Ein „Zickenkränzchen“ aus Berlin, Kaffeeklatsch im Sinne des Wortes, denn wer mit seinem Lied oder Couplet nicht eben dran war, erfreute sich auf der improvisierten Bühne etlicher Leibesgenüsse aus Gastgeberhand, Torte – und Sekt. Ein Gast reagierte trocken: „Die sollen singen, nicht essen!“

Oliver Vogt als Vierter im Bunde begleitete die drei „Zicken“ beim „Lästern ohne Toleranz“ am Klavier. Der mehr oder weniger musikalische Nachmittag fing schon ungünstig an, die Damen rauschten mit Pfefferzungen heran, doch schien es ihnen nicht vergönnt, die drei Stufen zur improvisierten Bühne zu erklimmen, spitze Absätze waren nicht der alleinige Grund. Erste Hauptperson dieses nicht immer appetitlichen Nachmittags: Ein Herr, welcher den Damen mehrmals hinaufhelfen musste, ihm sei Dank, was wäre ohne diesen Kavalier daraus geworden?

Gut zwei geschlagene Stunden tat das Ensemble nun, was es am besten konnte, nämlich lästern – Frauen über Männer, Sabinen gegen Reginen, Bühne versus Publikum, das war manchmal ganz nett, manchmal aber sehr peinlich. War“s der Kuchen, war es der Sekt? – man bedachte nicht der Kinder im vollbesetzten und gleichfalls schmausenden Schmiedehof, nichts der Tagzeit, als man Weiberbusen mit diversem Obst und Gemüse darzustellen pflegte. Auch sonst ging noch manches unter die Gürtellinie, einiges auch in die Hose. Als das Publikum solche Späße nicht gleich honorierte, folgte die dezente Aufforderung „Beifall macht nicht dick!“.

Später stieg man zum Volke herab. Regina Thoss gab sich populär: „Wo kommst du her? Ich komme aus Zwicke!“, strahlte übers ganze Gesicht, und kraulte den Männern im Haar, das war vielleicht lustig. Tja, Jonny, wenn du heut Geburtstag hast Rollengemäß hielt sie mehr auf Präsenz, sang aber trotzdem, Altlage, Tremolo, etwas rauchige Stimme. Als ihre Mitzicken dran waren, blätterte sie gelangweilt in einer Modezeitschrift. Wer hat da nur den Hut aufgehabt. So viel Eitelkeit auf der Bühne.

Gesungen wurde also auch, in unterschiedlicher Qualität, aber man will ja nicht lästern. Sabine Münz jedenfalls zeigte, was sie draufhat, gekonnte Parodien („Ich finde mich schön“) oder keck interpretierte Lieder wie „Wenn ick mal tot bin“, sonst ging es zu zweit oder dritt meistens besser.

Fehlt die zweite Hauptperson dieses einmaligen Auftrittes. Als Sabine Münz mit englischem Akzent und den bekannten Endjuchzern der 50er Jahre „Wir haben Liebe gemacht“ vortrug, wurde einer hellhörig. Bernhard Knuth hält sich im Hof Hahn und Henne – bloß nicht abschaffen, richtig hübsch, sie während des Singsangs durchs Publikum schreiten zu sehen. Der musikalische Gockel nahm der Sängerin nun den letzten Seufzer in perfektem Timing stimmgenau ab. „Du Hahn“, konterte sie lachend, „es haben sich schon ganz andere Hähne versucht, sich mir in den Weg zu stellen!“. Das Publikum brüllte, die Vorstellung war dank jenes Stelzers doch noch gerettet.

Nächstes Sommertheater im Schmiedehof am 19. Juli, „Sex ab 49“ mit Meissner & Meissner, 20 Uhr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })