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Potsdam-Mittelmark: Ein Neubau, der ein Altbau bleiben sollte

Vom denkmalgeschützten Sportlerheim Am Grashorn ist bei der Sanierung kaum etwas geblieben

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Schwielowsee - Horst Geßwein steht vor der Baustelle des Sportlerheims Am Grashorn und schüttelt den Kopf. „Wenn nichts mehr stehen bleibt, ist das doch keine Denkmalsanierung mehr.“ Von der alten Substanz des denkmalgeschützten Hauses ist im neuen Rohbau tatsächlich wenig übrig: Mühevoll klammern sich die neuen Fenster an bröselnde Ziegelreste der Frontfassade. Dann gibt es noch wenige Mauerfragmente an den Gebäudeseiten. Ansonsten sieht der Neubau gut aus.

Das komplette Dach, Innenwände, Decken, zwei Treppenhäuser – alles an diesem so schütztenswerten Altbau ist neu. „Das wird uns am Ende über eine Million Euro kosten“, ärgert sich der Ehrenpräsident der Sportgemeinschaft Geltow, der auch für das Bürgerbündnis in der Gemeindevertretung sitzt. „Wie bei diesem Projekt mit öffentlichen Geldern umgegangen wurde, ist ein Wahnsinn. Das kann man niemandem mehr erklären.“

Geßwein spricht aus, was viele in der Gemeinde denken: Das völlig marode, baupolizeilich gesperrte Sportlerheim unter Denkmalschutz zu stellen, war ein Fehler. Vor neun Jahren hatte die Gemeinde die hinfällige Ruine Am Grashorn gekauft, um sie abzureißen und ein neues Vereinshaus für Geltow zu errichten. Kurz darauf der Schock: Sie wurde unter Denkmalschutz gestellt. Der Gasthof „Am Grashorn“ gelte als typisches Beispiel für märkische Landgasthöfe, wie sie seit Fontanes Tagen im Berliner Umland entstanden sind, wie es damals vom Denkmalschutz hieß. Die Gemeinde hatte noch Gutachten vorgelegt, die einen Abriss nahelegten. Doch die Untere Denkmalschutzbehörde in Bad Belzig ließ sich nicht erweichen.

„Wir haben wirklich alles versucht“, erinnert sich Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU). Wenn Privatleute nachweisen, dass die Sanierung eines Denkmalobjektes unwirtschaftlich ist, hätten sie Chancen, dass der Status aufgehoben wird. „Für Kommunen sieht es schlecht aus.“ Ein Neubau hätte einen Bruchteil der jetzigen Kosten verursacht, so Hoppe.

Sie schätzt – wohl recht großzügig – ein, dass 30 Prozent der alten Substanz erhalten wurden. „Ursprünglich sollten wenigstens noch ein Teil der verfaulten Dachbalken gerettet werden.“ Beim Baustart sei klar geworden, dass das völlig unmöglich ist. „Wir hatten geahnt, dass es so kommen wird“, sagt Hoppe. Die Denkmalpflege sei schließlich einsichtig gewesen.

Die bösen Überraschungen seien der Hauptgrund, dass die schon sehr hohen Kosten von 800 000 Euro noch auf über eine Million Euro steigen werden. Ein Teil der Zusatzkosten – 100 000 Euro – wird der Sportverein als künftiger Betreiber über Eigenleistungen abfangen müssen.

Anders als Private würden Kommunen als Eigner von Denkmalen der „vollen Erhaltungspflicht“ unterliegen, bestätigt der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, Gernot von Arend. Die Frage, ob das immer angemessen ist, könne er nachvollziehen. „Sie war schon häufiger Anlass von Auseinandersetzungen.“ Doch die Oberste Denkmalschutzbehörde, also das Kulturministerium, beharre darauf, dass sich Kommunen nicht auf eine „Unzumutbarkeit der Erhaltung“ berufen können.

Was den aktuellen Fall Am Grashorn angeht, schätzt von Arend ein: „Obwohl der Zustand schlechter war als erwartet, wurde lösungsorientiert unter diesen Umständen noch ein gutes Ergebnis geschaffen.“ Horst Geßwein ist anderer Meinung.

Mit einer alten Postkarte geht er um den Bau, der zum Jahresende fertig werden soll, und zeigt, was anders ist: Statt brauner decken rote Biberschwänze das Dach. Die Fassadenfenster sind viel höher geworden, Giebelfenster und Gauben sind dazugekommen, Geßwein spricht von „Starkästen“. Mitten in der Frontfassade wird eine Tür mit einem Windfang eingebaut, wo einst ein Fenster war – eine von der Bauaufsicht geforderte „Schallschutzschleuse“. Im Erdgeschoss wurde der Boden unterhalb der Feldsteingründung verlegt, um die geforderten Deckenhöhen für öffentliche Gebäude einhalten zu können. „Das hat mit dem Altbau überhaupt nichts mehr zu tun“, meint er. Henry Klix

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