Von Peter Könnicke: „Ein starkes Stück“
200 Stahnsdorfer protestierten gegen Baumfällungen im Zuge des Baus der Nordumfahrung Güterfelde
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Stahnsdorf - „Verärgert?“, fragt Gisela Herrmann zurück, um ihre Gefühlslage dann präziser und treffender zu beschreiben. „Ich bin empört!“
Ihr ganzes Leben lang hat die 77-Jährige in Güterfelde verbracht, jetzt steht sie vorm Ortseingang und schimpft auf die „große Ferkelei, die die veranstaltet haben“. Die – das sind „die Leute“ im Verkehrsministerium und „Platzeck“. Seit Jahren plant das Land, zwischen Potsdam und dem künftigen Großflughafen in Schönefeld eine vierspurige Straße zu bauen und seit einigen Jahren steht auch fest, das diese Magistrale nördlich um Güterfelde herumgeführt werden soll.
Genauso alt wie die ersten Überlegungen und anschließenden Planungen ist der Streit, ob nicht eine Südumfahrung durch die Parforceheide besser ist als die Nordvariante. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen – das soll, geht es nach dem Willen der Bürgerinitiative „Contra Nord“, vor Gericht geschehen. Das Land jedoch gibt sich bauwütig, „noch in diesem Jahr“ soll es losgehen. Und zum Zeichen, dass es ernst gemeint ist, heulten schon mal die Kettensägen auf. Entlang des Stahnsdorfer Damms fielen vergangene Woche über 50 Bäume. „Schöne alte Linden, mindestens 150 Jahre alt“, schluchzt Gisela Hermann. Heute soll der Kahlschlag weitergehen. „Aber so geht das nicht“, befindet Gisela Herrmann und hat gestern zum Protest gegen die Rodungen gerufen. Gut 200 Gleichgesinnte sind dem Ruf gefolgt und standen mit lodernden Fackeln im kalten Wind an den beiden Güterfelder Ortseingängen.
Vielleicht waren die Fackeln so etwas wie der letzte Funke Hoffnung all derer, die noch immer daran glauben, dass die Nordumfahrung zu verhindern ist. Viele Gegner verbanden bislang ihre Hoffnung mit der der Initiative „Contra Nord“. Die hat über Jahre Argumente gesammelt, weshalb die geplante Trassenführung im Vergleich mit der Südumfahrung die schlechtere ist. In einem aufwendigen Gutachten wird die Nordumfahrung als die teuere Variante dargestellt, die erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft verursache und vor allem die Lebensqualität der Güterfelder zerstöre, die künftig unmittelbar an der Straße leben müssen.
Die vergangenen Jahre hat die Bürgerinitiative wiederholt mit kräftigem Säbelrasseln erklärt: „Unsere Kriegskasse ist voll, wir werden klagen.“ Nun: Die Klage ist eingereicht, doch noch fehlt es an der Klagebegründung, bis die Mühlen der Justiz zu mahlen beginnen. Bis April ist dafür Zeit.Was die Bürgerinitiative daran hindert, ihre – lang vorbereitete Klage – nun auch schnell zu begründen, versteht man selbst in den eigenen Reihen nicht.
„Keine Ahnung“, meint Günter Riedel. Und so manchen, der gestern protestierte, beschleicht der Verdacht, dass die Landesoberen die vermeintliche Schwäche der Initiative ausnutzten und zum ersten – na ja – Kahlschlag ausholten. Gelitten hat dabei nicht nur Riedels Glauben an das Rechtssystem, der stellvertretend für viele sagt: „Da ist eine Klage anhängig, niemand weiß, wie es ausgeht und trotzdem wird losgebaut.“ „Ein starkes Stück“, schimpft Gisela Herrmann und warnt: Sollten die Richter am Ende urteilen, dass die Straße so nicht gebaut werden darf, „muss Platzeck alles bezahlen.“
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