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Potsdam-Mittelmark: Ein übler Kleinkrieg
Er verleiht Boote in Caputh und wollte einen etwas größeren Steg. Seitdem ringt Andreas Bothe mit Nachbarn und Behörden. Nach über vier Jahren geht es jetzt um seine Existenz
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Schwielowsee - Andreas Bothe nennt es den „Streit um den Maschendrahtzaun“. Für das, was er seit Jahren erlebt, klingt das noch zahm. Im Dauerzoff mit wenigen Nachbarn und dem Landratsamt wird mit ungleichen Waffen gekämpft. Und immer wieder geht es um die nackte Existenz des Unternehmers, der an der Havel seit zwei Jahrzehnten einen beliebten Bootsverleih mit Bootsfahrschule betreibt.
Es geht um seinen Steg, den er braucht für sein Gewerbe. Und es fing harmlos an: Vor gut vier Jahren hatte Bothe einen Antrag gestellt, den Steg zu verlängern, vor allem für Wasserwanderer, die in Caputh eine Pause einlegen wollen. Er wollte sie nicht mehr wegschicken und dachte, dem Ort einen Gefallen zu tun. Das Wasser- und Schifffahrtsamt stimmte zu, auch die Naturschutzbehörde und die Gemeinde hatten nichts dagegen: 52 statt 38 Meter also. In der Nachbarschaft sind die Stege nicht kleiner.
Doch nach der Intervention einiger, überwiegend nicht mal unmittelbarer Nachbarn rückte die Bauaufsicht an, verlangte eine Baugenehmigung. Ungewöhnlich. Stege sind nicht Sache der Baubehörden. Die Bauaufsicht kam mit schrägen Argumenten: Eine „Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung“ sei zu befürchten. Andreas Bothe musste alles wieder zurückbauen, stellte brav einen Bauantrag. Ohne Erfolg.
Die Bauaufsicht meldete nacheinander Bedenken zum Fischfang, zum Brandschutz, zur Zuwegung und zur Parksituation an. Behörden können das: Sie können einem das Leben schwermachen, weiß Bothe. Im Hintergrund wirbelten die Nachbarn, offenbar mit guten Kontakten ins Landratsamt und in die Justiz. Nach zwei Jahren Spießrutenlauf wurde ihm nicht nur mitgeteilt, dass er keine Baugenehmigung bekommt. Auch die alte Steganlage wurde infrage gestellt.
Die Klage eines Fercher Kollegen, der sich in einem anderen Fall über die Einmischung der Bauaufsicht gewundert hatte, rettete ihn: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stellte klar, dass die Genehmigung von Steganlagen eine strompolizeiliche, keine baupolizeiliche Angelegenheit ist. Bothe fing von vorn an. Und tatsächlich: Nach vier Jahren und zwei Monaten bekam er im November die wasserrechtliche Genehmigung für den Erhalt und für die Erweiterung seiner Steganlage. Lange währte die Freude nicht: Als er mit den Bauarbeiten loslegte, flatterte ein Baustopp ein.
Seine renitenten Nachbarn hatten Widerspruch eingelegt und einen Eilantrag beim Potsdamer Verwaltungsgericht gestellt. Sie beschwerten sich über das Gewerbe im Allgemeinen Wohngebiet, wobei es sich in Wahrheit um ein Mischgebiet handelt, in dem touristisches Gewerbe von der Gemeinde erwünscht ist. Bothe ist nicht der einzige Gewerbetreibende in der Nachbarschaft. Und selbst in einem Wohngebiet wäre ein Bootsverleih laut Rechtsprechung möglich. Von nachbarlichen Belangen ist im Wassergesetz, was die Genehmigung von Stegen angeht, auch nicht die Rede. Sein Anwalt hat all das aufgeschrieben.
Bothe nutzt wohl nichts, im Recht zu sein. Er sieht sich in der Situation, vom Landratsamt zur Klage gedrängt zu werden. Dabei müssten, wie er meint, die Behörden ihn verteidigen und – wenn schon – seine gut vernetzten Nachbarn klagen, die den Widerspruch führen. Bothes Anwalt hat beantragt, den Baustopp aufzuheben. Der Unternehmer ahnt, wie es ausgeht, zumal sich, noch im November, auch die Bauaufsicht erneut gemeldet hat.
Bothe soll eine Slipanlage, zwei Gerätehäuser, einen Bootskran und einen Unterstand zurückbauen. Den Bungalow am Wasser soll er nicht mehr als Büro nutzen, die Leihboote im Winter nicht auf dem Grundstück abstellen dürfen. In einer Anhörung hat er Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Er weiß schon, was mit seinen Argumenten passiert. Ein zermürbender, endloser Kleinkrieg, der inzwischen seine unternehmerische Existenz bedroht.
So viel steht fest: Kanus wird er nicht mehr verleihen, nur noch Segel- und Motorboote. Ein wohlmeinender Brocken, den er den Nachbarn zuwirft, obwohl es ihn schmerzt. Beim Kanuverleih kämen oft Kinder und Familien, machten Lärm. Vielleicht, so hofft er, lassen sich die Nachbarn damit besänftigen. Und mit ihnen der Apparat, den er hinter ihnen vermutet. Den Rest, fürchtet er, werden Richter entscheiden.
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