Aus dem GERICHTSSAAL: Ein „Veilchen“ für den Ordnungshüter 600 Euro Strafe für Baumblütenfest-Ausraster
Werder – „Ich wusste nicht, dass der Werder-Wein so eine starke Wirkung hat“, beteuert Clemens C.* (22) auf der Anklagebank.
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Werder – „Ich wusste nicht, dass der Werder-Wein so eine starke Wirkung hat“, beteuert Clemens C.* (22) auf der Anklagebank. „Deshalb kann ich mich auch nicht daran erinnern, zwei Menschen mit Fausthieben verletzt zu haben. Ich hatte einen Tunnelblick vom Feinsten.“ Doch Trunkenheit – im Falle des künftigen Schädlingsbekämpfers immerhin 2,41 Promille Atemalkohol – schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Allerdings fiel diese zugunsten des bisher nicht Vorbelasteten recht moderat aus: 600 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. (Das Urteil ist bereits rechtskräftig.)
Stefano S.* (19) laboriert noch immer an seinem abgebrochenen Schneidezahn. Er ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Angeklagten beim vorjährigen Baumblütenfest. „Die Zahnärztin hat gesagt, das wird ganz schön teuer“, erzählt der Kfz-Mechaniker vor Gericht. Polizeimeister Karsten K.* (29) hatte mehr Glück. Das „Veilchen“, das ihm Clemens C. am Abend des 28. April 2007 verpasste, ist längst verblasst. Auch die Wangenprellung des Ordnungshüters heilte problemlos.
„Ich fuhr mit einem Bekannten zu dem Fest in Werder. Im Jahr davor war ich auch schon da. Das war ein schönesTreiben, das hat mir gefallen“, berichtet der Angeklagte aus Berlin. Kurz vor 22 Uhr, inzwischen hatte er nach eigener Schätzung zwei Flaschen Apfelwein getrunken, wollten er und sein Freund nach Hause fahren. Der Bahnhof sei schwarz von Menschen gewesen. Plötzlich sei er von Benito B. angegriffen, kurz danach von jemandem von hinten zu Boden gerissen worden. Dass der vermeintliche zweite Kontrahent ein Polizist war, der die Kampfhähne trennen wollte, will Clemens C. nicht wahrgenommen haben.
„Benito B. trat den Angeklagten. Der trat zurück, schlug dann mit der Faust zu“, erinnert sich der Polizeizeuge Karsten K. Einen zweiten Hieb von Clemens C. in Richtung seines Opfers habe er verhindern können, indem er ihm den Arm festhielt. „Da holte er mit dem anderen Arm aus und boxte mir ins Gesicht.“ Mit Hilfe eines Kollegen habe man den Wüterich fesseln und seine Personalien aufnehmen können. Am nächsten Tag – so der Beamte – sei er erneut beim Baumblütenfest eingesetzt gewesen. „Aber mein Auge wurde immer dicker und schillernder, ich konnte kaum noch etwas sehen. Da bin ich zum Arzt gegangen.“ Der schrieb den Polizisten wegen seiner Verletzungen zwei Tage dienstunfähig.
„Der Angeklagte hat ein Glasauge. Er konnte nicht gleich realisieren, dass Sie von der Polizei sind“, wirft der Verteidiger ein. „Wir waren in Uniform und haben uns vorgestellt“, betont der Beamte. „Mehr können wir nicht tun.“
„Man kann sich auf dem Baumblütenfest nicht heillos besaufen und dann alles auf die Wirkung des Obstweins schieben“, grollt der Staatsanwalt. „Im übrigen glaube ich dem Angeklagten nicht, dass er die Polizisten nicht als solche erkannt hat.“ (*Namen geändert.) Hoga
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