Potsdam-Mittelmark: Eine Eröffnung, die keine war
Gestern wurde Teltows Regionalbahnhof in Betrieb genommen – kaum einer hat es bemerkt
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Teltow - „Kein großer Bahnhof“, witzelte einer der Bahn-Fans, die sich am Sonntagmorgen kurz vor sechs Uhr auf dem Teltower Regionalbahnhof eingefunden hatten. Die Bemerkung zielte auf die bescheidene Bahnhofs-Eröffnung, die eigentlich keine war. Lediglich ein Bahnangestellter hatte am frühen Morgen die Absperrungen weggeräumt. Mit solcher Prominenz wie beim S-Bahn-Start im letzten Jahr hatte wohl auch keiner der Bahn-Fans gerechnet, denn schon im Fahrplan war Teltows neuer Bahnhof nur als regionaler Haltepunkt ausgewiesen.
„Trotzdem, ein Schnaps wäre jetzt nicht schlecht“, meinte einer der acht Fahrgäste mit Blick zum grauen Regenhimmel. Einige von ihnen waren zuvor die Treppen zum falschen Bahnsteig hinaufgestiegen, weil die Aufgänge noch nicht beschildert sind. Auch das Umfeld des Bahnhofes bot an diesem Morgen Anlass zu Kritik. „Nicht mal an Fahrradständer wurde gedacht, geschweige denn an Parkplätze“, sagte ein anderer Fahrgast. Peinlich sei das schon jetzt, meinte eine Frau, aber wenn der von der Stadt geplante Bau eines Parkplatzes genau so lange dauern würde wie das Buswartehäuschen am S-Bahnhof, wäre das ein Trauerspiel mit Fortsetzung.
Bahn-Fan Klaus Schulze vermisste vor allem einen Ticketautomaten, an dem man Fahrausweise kaufen kann. Er hatte sogar seine erste Teltower S-Bahnfahrkarte mitgebracht, um die Rückseite abstempeln zu lassen. Immerhin klappte es wenigstens mit dem Stempelautomaten. „Mal sehen, bis wohin sie uns mitnehmen“, meinte er zu seinem Freund Wolfgang Siebert. Beide wollten wenigstens durch den neuen Nord-Süd-Tunnel bis zum Berliner Hauptbahnhof fahren. Kurz vor sechs rauschte ohne Halt auf dem gegenüberliegendem Gleis ein Doppelstockzug vorbei. So wie dieser werden die meisten Züge an Teltow nur vorbeifahren. Auch der Regionalexpress 5 (RE 5), der von Rostock über den Berliner Hauptbahnhof bis in die Lutherstadt Wittenberg fährt, wird hier nicht halten. Teltower müssen erst nach Ludwigsfelde oder Lichterfelde Ost, um dort in diesen Zug umsteigen zu können. Im Gegensatz dazu hält der aus Luckenwalde kommende RE 4 in Teltow. Mit dem sind Fahrgäste dann in 15 Minuten am Hauptbahnhof. Versöhnlich stimmte die Bahn Fans, dass wenigstens der Zug, der seit 1952 in Teltow das erste Mal wieder hielt, an diesem Sonntagmorgen pünktlich eintraf. Nur wenige Sekunden Zeit hatten die Fahrgäste zum Einsteigen in den Zug. Schnell noch ein Erinnerungsfoto fürs Album und schon rollte der RE 4 fahrplangemäß um 6.01Uhr wieder aus dem Bahnhof in Richtung Berlin.
Laut Bürgerinitiative „Lärmschutz Anhalter Bahn“ sollen an manchen Tagen hier bis zu 181 Zügen rollen, darunter auch ICE-Züge. Wie die PNN bereits berichteten, schrieb die Initiative mehrere Briefe an Bundestagsabgeordnete und Minister, denen sie ihre Situation schilderte. Mit einer Menschenkette wollten betroffene Anwohner nun abermals beim Start des ersten Regionalzuges auf ihre Forderungen nach Lärmschutz aufmerksam machen. Doch die Protestaktion fiel aus, da der „Leidensdruck bei den Anliegern noch nicht hinreichend groß ist“, wie Vertreter der Initiative einschätzen. Deshalb wolle man die weitere Entwicklung abwarten. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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