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Potsdam-Mittelmark: Eine Nummer kleiner

Erfolg für Bürgerinitiative: Investoren müssen bei Plänen für neuen Netto-Supermarkt in Werder nochmal nachbessern

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Werder (Havel) - Erfolg für die Bürgerinitiative „Unsere Eisenbahnstraße“: Die Pläne für einen neuen Netto-Markendiscounter müssen noch mal überarbeitet werden. Der Markt soll weniger „gigantisch“ werden, wie es im Ergebnis eines Erörtungstermins am Mittwochabend im Rathaus hieß, und sich besser in die Umgebung einfügen. Netto will, wie berichtet, eine 500 Quadratmeter große veraltete Filiale an den Bahnschranken schließen. Dafür soll rund 300 Meter stadteinwärts in der Eisenbahnstraße ein gut doppelt so großer Neubau errichtet werden. Investor ist die Ratisbona-Gruppe aus Regensburg (Bayern).

Anwohner hatten im Sommer eine Bürgerinitiative gegen die Pläne gegründet. Im Bebauungsplanverfahren wurde kritisiert, dass das unterhalb des Straßenniveaus liegende Bauareal gut zwei Meter aufgeschüttet und darauf ein riesiger, sieben Meter hoher Bauklotz errichtet werden soll, der nichts mit der Nachbarbebauung gemein habe. Zu den Kritikern des Projektes gehört Holm Diening, der bei der Erörterung am Mittwochabend für die Initiative das Wort ergriff.

Werder benötige keine neuen Discounter, die Verkaufsfläche pro Einwohner liege mit 2,14 Quadratmetern bereits weit über dem deutschen Durchschnitt von 1,46. Allenfalls ein qualitätsvoller Nahversorger sei in der Eisenbahnstraße noch akzeptabel. „Der braucht aber keine 1100 Quadratmeter Verkaufsfläche mit 67 Parkplätzen und auch keinen zehn Meter hohen Werbepylon.“

Anwohnerin Cornelia Thömmes sprach von einer „Kiste“, die ins Quartier gestellt werde. Es wäre schade, wenn für den Neubau die ortstypischen Höhenunterschiede durch eine Aufschüttung ausgeglichen werden, zumal der Geländesprung architektonisch reizvoll sein könne. Das umzäunte Regenentwässerungsbecken, das in den Entwürfen hinter dem Neubau eingezeichnet ist, sei kreativlos. Aus Thömmes Sicht hätte es sich als Gestaltungselement für das nebenan geplante Wohngebiet mit 60 Wohneinheiten angeboten. Durch Baukörper und Parkplatz entstehe eine „riesige versiegelte Fläche“, während anderen Bewohnern der Eisenbahnstraße in ihren im Außenbereich liegenden Gärten nicht mal ein Hühnerstall erlaubt werde. „Das ist keine Innenentwicklung“, sagte Thömmes, die in Werder als Architektin bekannt ist.

Ein Vertreter des Investors kündigte bei der Sitzung an, das Gespräch mit den Kritikern zu suchen. Diese Erwartung äußerte auch der Vorsitzende des Bauausschusses, Peter Hinze (Linke). Die Erörterung fand im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des Ausschusses statt. Vertreter der Linken, der SPD und der Freien Bürger stellten den Neubau des Discounters komplett infrage, auch weil in den Havelauen schneller als erwartet ein neues Einkaufszentrum eröffnet worden sei. „Die Stadt und die Mehrheitsfraktion sollten über den Bedarf nachdenken“, sagte Joachim Lindicke (SPD). Peter Heinrich, Sachkundiger der CDU-Fraktion, gab zu bedenken, dass früher eine ganze Reihe von Geschäften in der Eisenbahnstraße bestanden habe. Für die ältere Bevölkerung müsse man kurze Wege gewährleisten. Die Größenordnung des neuen Discounters wollte aber auch Heinrich nicht akzeptieren.

Bauamtsleiter Axel Wolf hielt entgegen, dass die großen Einzelhandelsketten die früher üblichen 800 Quadratmeter großen Märkte nicht mehr bauen würden. „Es gibt derzeit keine neuen Märkte mit weniger als 1100 Quadratmetern.“ Dabei gehe es dem Einzelhandel nicht um zusätzliche Verkaufsfläche, sondern breitere Gänge und flachere Regale. „Man stellt sich bereits auf den demografischen Wandel ein und verbessert die Verkaufskultur“, sagte Wolf. Den gewünschten Betreiber eines „Tante-Emma-Ladens“ werde man für den Standort nicht finden.

Lothar Boreck (CDU) argumentierte, dass es den Norma am Bahnhof jetzt nicht mehr gebe und auch der alte Netto am Bahnübergang längst nicht mehr den modernen Einkaufsstandards entspreche. „Wir haben nur noch die Fläche in der Eisenbahnstraße, um die Lücke zu schließen.“ Wird auf die Aufschüttung verzichtet, könne sich auch ein größerer Markt in die Umgebung einpassen, meint Boreck. Jetzt will der Investor nachbessern. Es war übrigens das erste Mal, dass ein umstrittener Bebauungsplan in Werder mündlich erörtert wurde.

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