Potsdam-Mittelmark: Eine Seufzerbrücke auf der Insel
Neues Verwaltungsgebäude des Zweckverbandes Werder-Havelland verbindet Vergangenheit und Moderne
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Neues Verwaltungsgebäude des Zweckverbandes Werder-Havelland verbindet Vergangenheit und Moderne Von Andrea Röder Werder – Wer bislang glaubte, eine Seufzerbrücke gebe es ausschließlich in Venedig, der täuscht. Seit einiger Zeit ist auch auf Werders Insel ein Exemplar zu finden. Zwar verbindet die havelländische Version statt Dogenpalast und einstigem Staatsgefängnis lediglich ein Werkstatt- und Verwaltungs-Gebäude, den Beinamen „Seufzerbrücke“ hat sie dennoch verdient. Die Rede ist von jenem Durchgang, der – einer Brücke gleich – den Alt- und Neubau des Wasser- und Abwasser Zweckverbandes (WAZV) am Alten Markt miteinander verbindet. „Wir haben den Part ,Seufzerbrücke“ getauft, weil hier die Mitarbeiter zur Geschäftsführung rübergehen“, erklärt Architektin Annegret Liebscher-Tauber mit einem Augenzwinkern. Gemeinsam mit ihrem Mann Cornelius Tauber hatte sie die Pläne für den neuen Sitz des WAZV entworfen. Als die Angestellten im Spätsommer vergangenen Jahres die neuen Arbeitsräume bezogen, waren in der Tat hier und da Seufzer zu hören. „Allerdings vor Erleichterung“, erinnert sich Geschäftsführerin Bärbel Gärtner an den Umzug. Im vorherigen Sitz des Verbandes im Glindower Rathaus hätten die Sachbearbeiter „teilweise im Keller“ sitzen müssen. „Die Arbeitsbedingungen haben sich sehr verbessert“, lobt Gärtner nicht nur die Funktionalität, sondern auch das Design der Räumlichkeiten. Entsprechend der zweigeteilten Struktur des WAZV sitzt die Verwaltung im Neubau, die Rohrnetzabteilung im Altbau. Der einstige Wirtschaftstrakt ist wie die gegenüber liegende Kleine Remise – heute Sitz der Haus- und Grundstücksgesellschaft Werder (HGW) – Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet worden. Ob zu Zeiten der Pferdestraßenbahn oder des späteren Omnibusdepots, das Haus diente stets als Reparaturstätte. „Wo früher eine Werkstatt war, ist jetzt wieder eine“, freut sich Tauber über die historische Parallele. „Wir wollten möglichst viel historische Bausubstanz erhalten“, betont der Architekt. Schließlich stünde das Haus für die typische städtebauliche Entwicklung der Blütenstadt. Die alte Fassade aus Glindower Ziegeln konnte größtenteils erhalten werden, nur einige Stellen mussten mit neuen Backsteinen ausgebessert werden. Indes erwies sich die Restaurierung der Innenräume als sehr aufwändig. „Das Haus war ganz schön heruntergekommen“, erinnert sich Tauber. „Zum Teil war es sogar ausgebrannt, weil Jugendliche dort randaliert und Tapeten angezündet hatten.“ Einer der größten Kostenpunkte war die Deckenverstärkung. Um die Last eines im Obergeschoss geplanten Archivs tragen zu können, wurden zusätzliche Stahlträger in die Decke gezogen. Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf 1,2 Millionen Euro, „Hälfte, Hälfte für Alt- und Neubau“, so Liebscher-Tauber. Dabei war die Errichtung des Neubaus ursprünglich gar nicht geplant. Das Architektenpaar hatte zunächst nur einen Umgestaltungsauftrag für das verfallene Gebäude erhalten. „Erst als wir erfuhren, dass der WAZV hier einziehen will, mussten wir einen zweiten Trakt planen.“ Der Altbau hätte etwa 500 Quadratmeter Nutzfläche geboten, der Zweckverband benötigte jedoch das doppelte. Um den Kunden- und Verwaltungsbereich im Neubau besonders offen zu gestalten, entschieden sich die Planer für „Lichtfugen“ – als Milchglas-Bausteine oder komplett transparente, wandhohe Scheiben verleihen sie den Büros eine offene Atmosphäre. „Es gibt keinen Bereich im Haus, der nicht von Tageslicht durchflutet wird“, ist Tauber stolz auf das ausgeklügelte Konzept, das dennoch keinen direkten Blick auf die Sachbearbeiter freigibt. „Wir wollten eine Guckkasten-Situation unbedingt vermeiden, schließlich müssen die Angestellten in Ruhe arbeiten können.“ Um die „moderne Thematik“ des WAZV auch nach außen zu unterstreichen, wählten die Architekten für die Fassade des Neubaus graue Faserzement-Platten, die von großen Fenstern durchbrochen werden. „Manche können mit dieser Architektursprache nichts anfangen“, weiß Tauber um die verhaltene Kritik einiger Werderaner. Allerdings befände sich der WAZV-Neubau ohnehin nur in zweiter Reihe. Die Straßenfront werde bald durch drei neu Wohn- und Geschäftshäuser geschlossen, die dem Baustil der übrigen Inselhäuser angepasst sind, so Tauber.
Andrea Röder
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