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Wer zahlt? Die Straße muss saniert und unterhalten werden.

© Andreas Klaer

Landesstraße 76 in Stahnsdorf: Eine Straße, die niemand mehr will

Das Land will die L76 in Stahnsdorf an den Landkreis loswerden. Der hat jetzt dagegen geklagt.

Von Enrico Bellin

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Der Landkreis hat Klage gegen den Landesstraßenbetrieb wegen der geplanten Abstufung der Landesstraße 76 in Stahnsdorf zur Kreisstraße eingereicht. Eine entsprechende Eilentscheidung bestätigte Landrat Wolfgang Blasig (SPD) gegenüber den PNN. „Wir mussten die Klage schnell einreichen, da sonst die Frist verstrichen wäre.“ Gemeinsam mit dem Kreistagsvorsitzenden Werner Große (CDU) hatte Blasig die Eilentscheidung getroffen, ohne eine Entscheidung der Kreisausschüsse abzuwarten – obwohl entsprechende Anträge in den Ausschüssen auf der Tagesordnung standen.

Wie berichtet wehrt sich der Landkreis dagegen, vom Land die marode Straße ohne Kostenausgleich zu übernehmen. Mit dem Bau der neuen L40 hat die L76 ihre landesweite Bedeutung verloren, weshalb das Land sie nicht mehr haben will. Der Klage zufolge ist es aber fraglich, ob die Straße eine Kreisstraßenfunktion hat oder kommunale Straße würde. Die Stadt Teltow hat einen Abschnitt der L76 in kommunales Eigentum übernommen, weshalb die Netzfunktion zerschnitten ist. Auch rechnet der Landkreis mit einem Investitionsbedarf von mehreren Millionen Euro in die Straße.

Laut Wolfgang Blasig ist offen, ob es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. „Es gibt noch Verhandlungen mit dem Landesbetrieb, die Klage ist auch noch nicht begründet.“ Mit der Einreichung habe man lediglich die Fristverstreichung verhindern wollen. Dass die Straße zum 1. Januar an den Kreis geht, werde man nicht mehr verhindern können. „Der Landesbetrieb muss aber seine Einstandspflichten erfüllen“, so der Landrat. Mit Einreichung der Klage verleihe der Landkreis seiner Forderung nach finanziellem Ausgleich nun Nachdruck.

Den ist der Landesbetrieb laut Dezernatsleiter Frank Schmidt auch zu zahlen bereit. „Natürlich wird es eine Entschädigung für die entgangene Unterhaltung der Straße geben“, so Schmidt gegenüber den PNN. Zur Höhe wollte er sich nicht äußern, auch nicht zum Klima der Verhandlungen mit Vertretern des Kreises. In diesem Jahr ist Schmidt zufolge mit keiner Einigung über die Höhe der Zahlung zu rechnen.

Streit wie um die L76 wird in den kommenden Jahren wohl häufiger werden. Wie Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (parteilos) unlängst beim Berlin-Brandenburgischen Straßenbautag in Teltow bestätigte, kategorisiert das Land seine Straßen neu. Dabei entstehen ein Kernnetz und ein „grünes“ Nebennetz, das etwa 2000 Straßenkilometer umfassen soll. „Etwa die Hälfte der Straßen des grünen Netzes erfüllen die Anforderung an eine Landesstraße nicht, dort muss es Neuordnungen geben“, so Schneider. Sprich: Die Straßen werden an Kreise oder Kommunen abgegeben. Landesinvestitionen wie das 100-Millionen-Euro -Programm zur Modernisierung von Ortsdurchfahrten werden Schneider zufolge auf das Kernnetz konzentriert.

„Das potenziert unsere Bedenken gegen die Abstufung“, sagte Jürgen Kettler, Leiter des Kreisstraßenbetriebes, den PNN. Zwar sicherte die Ministerin – die sich nicht zum Stahnsdorfer Streitfall äußern wollte – zu, die Straßen in gutem Zustand übergeben zu wollen. Kettler zufolge habe es aber keine befriedigende Antwort darauf gegeben, wie der Kreis künftig den Unterhalt von noch mehr Straßenkilometern bezahlen soll, wo das Budget doch jetzt schon zu knapp sei. „Ich rechne damit, dass zu den 300 Kilometern an Kreisstraßen bis zu 150 Kilometer hinzukommen“, so Kettler. Fördermittel seien bis 2019 festgeschrieben.

Ob das Land nach der Straßenübertragung mehr an die Kreise zahlt, ist unklar. Die Ministerin äußerte sich dazu nicht. Auch der Landesstraßenbetrieb kann dazu derzeit keine Angaben machen. Frank Schmidt zweifelt die von Kettler genannten 150 Kilometer an. Bis 2016 werde erst einmal geprüft, welche Straßen abgegeben werden sollen. Prognosen über Strecken seien unseriös.

Die Chancen des Landkreises, sich gegen Umstufungen zu wehren, scheinen Kettler zufolge gering. In Thüringen gab es seit dem Jahr 2000 mehrere Umstufungen von dem Freistaat gehörenden Straßen. Viele Kreise haben dagegen geklagt, jedoch erfolglos.

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