KulTOUR: Eine Villa als Schatzkiste
Art Event zeigt in Teltow, wie man ein Haus mit Gold füllen kann – und ist damit prägender als je zuvor
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Teltow - Auch im zehnten Jahr ihres Bestehens machte es sich die Künstlergruppe „Art Event“ nicht gerade gemütlich. Waren früher die alte Schule von Gütergötz oder Stahnsdorfs Armenhaus Gegenstand ihrer engagierten Begierde, so suchten sie sich, nicht ganz ohne Kampf, diesmal die „Fabrikantenvilla“ gleich neben dem ehemaligen CvO in Teltow als Werkstatt für eine Woche aus.
Der sowjetische Schriftsteller Konstantin Paustowski – wer kennt ihn eigentlich noch? – sorgte mit seinem Wort „Goldstaub“ für eine Initialzündung der besonderen Art. Einmal ausgesprochen, verwandelte sich dieses vom Knöterich fast schon gefressene Haus vom Keller bis unters Dach in eine wahre Goldgrube. Der Bekanntheit dieser dreizehn Künstler und des begrenzten Platzes wegen sollen diesmal Werke im Vordergrund stehen, ihre Autoren werden sie schon wiedererkennen! Man muss auch mal was „Neues wagen“, oder? Dies geschah im etwas muffigen Keller, wo schon unter der Treppe Stroh zu Gold gesponnen wurde, Textiles zu güldenen Worten wurde und eine Schatzkiste sich mit „Neuem“ jedermann öffnet. Hier zeigt sich, wie aus Nichts „Etwas“ gemacht werden kann, wie man das geistig-räumliche Gesamtkunstwerk vom Keller bis zum First vielleicht findet, Spinnen und Spinnen ist ja einerlei Ding. Zwei Etagen Kompaktgold dann, wenn man so will, mal als kostbar oder vergänglich verstanden, stofflich oder geistig – auf das „Oder“ kommt es an!
So gibt es im unteren Flur die Szenerie gemalter Figuren, ein gesichtsloser Goldmann darunter, und eine schwarze Tiefe, ein Hai schwimmt darin, der Tränen statt Zähnen hat, im Goldrahmen. Daneben die Reste von Goldmalerei, vergangenes Gut! Ein weiterer Raum im „Suche-und-Finde Haus“ zeigt die Welt der Goldstaubmilbe Auratophagoides, ihr wird sogar ein Tänzchen gegönnt. Ganz still sollte man in einem der Dunkelräume auf die Musik des chinesischen Meditationskessels achten, er hat vergoldete Henkel!
Andere Finsternis führt „happiness“ als schnöden Materialmix vor, zwei Sinnbilder dieser Zeit bekrönen das Werk. Von Feldjägern beäugt, wirft scharfen Schatten das silbrige Ding. Vielen ist Silber wie Gold. Der diesjährige Gast von Art Event, Andreas Theurer, verwandelte in einer Nische sein „Offenes Haus“ aus Eisen in etwas Glänzenderes – mal einer, der Alchymia gefühlt hat! Sonst sucht er, aus den Resten eines Raumes eine schlanke Figur zu bauen, „Huldigung an die Vergänglichkeit“, aber nicht ganz... Dann tritt man ein, wo vergoldete Menschen und Flaschen nicht auseinanderzuhalten sind und einer den Weg zu den wirklichen Werten zeigt. Vorsicht vor der Schrift an der Wand! Kurkuma ist wie der Goldstaub, wenn man seine Wege damit bestreut und den feingeordneten Raum damit ordnet, Miniaturen auf Zimmermanns-Nägeln. „Gestrandete Goldtiger“ suche man, Ölboom-vergoldete Nasen, Todesanzeigen mit ähnlicher Patina, alte Fensterrahmen mit neuen Ausblicken, „Sonnenzwillinge“ in den Dachkammernischen. Tonskulpturen zeigen, wie wertvoll keimende Saat in Afrika ist, Goldstaub eben. Fotomotive, zweimal durch den Spiegel geschickt, Marmor als Gold aus Bildhauerhand, Goldfäden eigner Erinnerung. Paustowski hat Wunder gewirkt: Ein Wort, und so viele Wandlungen. Ein Wort hat aus der verlassenen Zeit einen so teuren Ort der Aufmerksamkeiten gemacht. Gold kann das, Art Event kann das, Chapeau. Art Event ist stärker, direkter, prägender als jemals zuvor.
Zu sehen noch bis 13. Juni, 15-18 Uhr, in der Potsdamer Straße 16 in Teltow
Gerold Paul
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