Potsdam-Mittelmark: Eine Weiberwirtschaft
Der Campingplatz Riegelspitze wird erfolgreich von Frauen geführt / Die aktuelle Investition ist ein neues Rezeptionsgebäude
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Werder · Petzow - Heidrun Kinkel kann in diesem Jahr gleich mehrere Jubiläen feiern. Seit 45 Jahren besteht ihr Campingplatz Riegelspitze, seit 35 Jahren arbeitet sie hier. Und vor 15 Jahren hat sie den Platz als Pächterin von der Stadt Werder (Havel) übernommen. „Unser bester Privatisierungsfall“, sagt Bürgermeister Werner Große, der sie einst zu diesem Schritt überredet hatte. Inzwischen ist auch die Tochter von Heidrun Kinkel, Fanny Kinkel, in das Geschäft eingestiegen. Und dass der Campingplatz eine „Weiberwirtschaft“ bleibt, wie Heidrun Kinkel es nennt, dafür ist wohl auch gesorgt: Enkeltochter Lilly kam vor sechs Wochen zur Welt.
Dass die Männer sich in dieser Familie manchmal im Hintergrund halten, hat Tradition. So war es auch gestern, bei der feierlichen Einweihung des neuen Rezeptionsgebäudes. Heidrun Kinkel hat seit der Wende nichts unversucht gelassen, um es den Gästen auf der Halbinsel im Glindower See so angenehm wie möglich zu machen. Fast 2,5 Millionen Euro wurden investiert, unter anderem in den Ausbau von Sanitäranlagen. Vier Sterne hat die acht Hektar große Anlage inzwischen. Mit jährlich rund 10 000 Gästen, die jeweils durchschnittlich fünf Nächte bleiben, und den 120 Dauercampern trägt der Platz erheblich zur touristischen Belebung Werders bei, so der Bürgermeister. In der Saison arbeiten hier zehn Leute, 500000 Euro beträgt der Jahresumsatz. Zur Baumblüte, Himmelfahrt und Pfingsten ist häufig ausgebucht.
Jetzt also war das Rezeptionsgebäude dran, das zu klein und wenig einladend wirkte. In den Umbau wurden seit Herbst 260 000 Euro gesteckt, 30 Prozent gefördert vom Land. Und Mutter und Tochter Kinkel sind die Ideen längst nicht ausgegangen: Der Mülltonnenplatz soll an den Eingang verlegt werden, damit die Müllautos die Gäste nicht mehr aus dem Schlaf holen. Ein neues Sanitärhaus ist am Eingang noch geplant – mit Wanderunterkünften im Obergeschoss. Und im Herbst wird der wacklige Bootssteg abgerissen und durch einen neuen mit 80 Bootsanlegeplätzen ersetzt. 650 000 Euro sollen in den nächsten drei Jahren noch fließen. „Es soll bei allem eine naturnahe Anlage bleiben – ohne asphaltierte Straßen“, sagt Heidrun Kinkel. Die Haubentaucher sollen weiter am Hafenufer nisten dürfen, Sträucher an den Wegesrändern wachsen. Heidrun Kinkel will auch nicht mehr als vier Sterne. „Wie hört sich das an: Ein Campingplatz mit fünf Sternen?“
Ein paar offene Träume soll die Tochter dann irgendwann einmal verwirklichen, wie die Ferienunterkünfte mit Seeblick als Aufstockung des Sanitärhauses am Strand oder einen Neubau für den urigen Verkaufsladen, der von Gästen auf der Suche nach DDR-Spuren liebevoll „Konsum“ genannt wird. Einen Wunsch hat Heidrun Kinkel aber vielleicht auch noch frei, wenn ihr ihre Gäste am 30. Juni eine Jubiläumsparty ausrichten: Um eine bessere Ausschilderung von der Autobahn zum Campingplatz Riegelspitze kämpft sie seit Jahren vergeblich.Henry Klix
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