Potsdam-Mittelmark: Eiswürfellutschen zum Physik begreifen
Forschertag in der Glindower Kita „Sternenzelt“: Kinder entdecken spielend die Naturwissenschaften
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Werder · Glindow - Die Tür zur Küche öffnet sich. Christian Ihle ruft: „Kann losgehen!“ Sieben Kinder, fünf Mädchen und zwei Jungen, stürzen johlend in die Küche und versammeln sich um den Küchentisch der Kita „Sternenzelt“ in Glindow. Christian Ihle stellt mitgebrachte Kisten auf den Tisch, alle packen aus: einen Glasbecher, Salz, einen Hammer, eine kleine Heizplatte, Klemmen und Filzstifte. Es ist Forschertag in der Kita am Kietz 2.
Christian Ihle, um die 50, groß und schlank, ist dafür heute extra nach Glindow gekommen. Seine braunen Augen wirken Vertrauen erweckend, sind so dunkel wie seine kurzgeschnittenen Haare und haben schon so manches gesehen. Viele Jahre arbeitete der Diplomkaufmann und Tischlermeister in der Entwicklungszusammenarbeit in Sambia und Uganda als Projektentwickler. Mit seiner Firma „KeNawis“ – Kinder entdecken Naturwissenschaften – will er Vorschulkinder ermuntern, naturwissenschaftlichen Phänomenen auf die Spur zu kommen. Denn in den Schulen stünden Naturwissenschaften erst im Lehrplan, wenn dieses Interesse längst erloschen ist.
In der Kita „Sternenzelt“ hielt er im September 2006 seine ersten Forschertage für Kinder ab. Das Thema diesmal: Wasser. „Schwimmen gehen, kaltes Wasser, warmes Wasser“ – spontan äußern die Kinder ihre Assoziationen. Nun stellt Ihle eine Kühlbox auf den Tisch, die randvoll mit Eiswürfeln gefüllt ist. „Oaah, sind die kalt!“, sagt Justus schmatzend, die meisten Eiswürfel verschwinden gleich in den Mündern der kleinen Forscher. „Was passiert denn nun, wenn man den Eiswürfel in die Hand nimmt und ihn ganz fest hält?“, fragt er wie nebenbei. Billy springt von seinem Stuhl auf. „Es schmilzt“, ruft er mit aufgerissenen Augen. „Beschreib mal genauer.“ – „Da kommt Wasser aus der Hand.“ – „Zeig mal.“ – „Das sind Tropfen!“, sagt Marie-Christine ruhig und bestimmt. „Gut beobachtet, und was ist Eis?“ – „Gefrorenes Wasser“, erschallt es im Chor. Christian Ihle lässt die Kinder ihren Weg zum Eis selbst finden und will ihnen ausdrücklich „weder Spaß noch Lust verderben, so wie die Schule das macht“.
Die Lust auf Beobachtung ist geweckt, und Christian Ihle baut eine kleine Herdplatte auf, auf der die Eiswürfelbox landet. Er verteilt Filzstifte, und jedes Kind versucht damit abwechselnd, den Stand des Wassers an dem Glasbecher zu markieren. Nach einer Weile flaut der Forscherdrang ab. Das Eis schmilzt langsam, im Glasbecher sind kaum Veränderungen zu beobachten. Jetzt sind die Stifte, oben zum Schreiben aber unten zum Stempeln, interessanter. Eine allgemeine Unruhe bricht nach gut 30 Minuten, aus. Die Mädchen wollen jetzt lieber malen.
Auf der Anrichte baut er den Versuch wieder für die beiden Jungen auf. Das Eis ist nun gänzlich geschmolzen und Wasserdampf steigt auf. Er beschlägt die kleine Glasscheibe, die Christian Ihle schräg darüber hält. Was sie auf der Glasscheibe sehen,will er von Justus und Billy wissen. „Qualm“, sagt Billy. „Nee, Wasserdampf“, sagt Justus. „Nein, nicht unterhalb der Glasscheibe, auf der Glasscheibe, was ist das?“, fragt Christian Ihle noch einmal. Die Frage bleibt heute offen. „Das ist auch völlig in Ordnung“, sagt Christian Ihle. Er will vor allem den Forschergeist der Kinder wachhalten und sie anleiten, Antworten selbst zu finden.
Eine sinnvolle Weiterarbeit an den einzelnen Themen sei nur möglich, wenn die Forschertage alle 14 Tage stattfinden, so seine Erfahrung. Erst dann werde den Kindern das „forschende Lernen“ vertraut. Die Kita „Sternenzelt“ sucht darum Sponsoren für die Finanzierung ihrer Forschertage, damit sie regelmäßig stattfinden können. Nach und nach sind die kleinen Forscher nun alle in den Garten hinausgegangen, und Christian Ihle packt seine Sachen wieder ein. Die ersten Kinder werden auch schon von ihren Eltern abgeholt und verabschieden sich „bis zum nächsten Forschertag, Tschüss Christian“.
Christiane Rodewaldt
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