
© Siegmar Jonas
KulTOUR: Elysium mit Feuerblume
Der Kleinmachnower Fotograf Siegmar Jonas stellt detailverliebte Analogfotografien im Rathaus aus
Stand:
Kleinmachnow - Seitdem es das neue Kleinmachnower Rathaus gibt, hat die Kultur im Ort eine weitere Heimstatt. Im Festsaal und im Foyer finden Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene, Filmvorführungen und Lesungen statt. Ausstellungen natürlich auch, gleichwohl dies nicht der beste Ort für Bilder ist.
Die neueste Exposition, brillante Fotos „aus dem Nahbereich“ von allem, was dem Künstlerauge wohl tut, stammt von Siegmar Jonas, Galerist und Pensionär in Kleinmachnow, Selbstbezeichnung: „Foto- und Lyrik-Autor, Art-Autodidakt“. Drei Gedichtbände kann er inzwischen vorweisen und eine Vielzahl ausdrucksstarker Naturfotografien, die sämtlich nach Schönheit suchten, nach Harmonie und Frieden. Dies war vor drei Jahren im Rathaus zu sehen. In der jetzigen Ausstellung ist das etwas anders.
Wahrscheinlich haben ihn die Motive selbst dazu inspiriert, sich alles mal ein bisschen mehr aus der Nähe anzuschauen. Etwa sechzig davon haben seine kritischen Augen passieren lassen, man findet sie nun im Rathausfoyer, im kleinen Saal und bis in den unteren Amtsflur hinein. Zur technischen Seite nur, dass alle Fotos analog und mit einem Abstand zwischen drei Zentimetern bis maximal drei Metern aufgenommen worden sind.
Wollte man auch einigen die „inspirierende Nähe“ nicht unbedingt glauben, so ist doch das meiste dem Auge fast wie eine kleine Offenbarung. So fühlt man sich an Peter Hilles Autoren-Grundsatz „Überall ist Schönheit“ erinnert. Bei einem mit Feldstein vermauerten Ofen etwa, bei gestapelten Brettern, geschichtetem Scheit. Geht man dicht genug an einen alten Bienenkasten heran, erkennt man plötzlich Strukturen, wie sie ein grafisch gebildeter Künstler nicht hätte besser schaffen können. Verschwimmen die Farben beim Sterben im Tod, steht „Poesie durch Verlust“ dabei.
Nachdem Siegmar Jonas das „Tor zum Träumen“ dergestalt aufgestoßen hat, entdeckt man Wunderliches: Die „Seele im Totholz“ oder eine Feuerblume, die sich schon im Elysium wähnt. Man kann aber auch erkennen, wie ein ganz schlichtes Pilzwesen zu seiner guten Laune findet. Natürlich ist das allegorisch gemeint. Hätte so ein Amtsbesucher nur Zeit genug, sich in ein einziges Bild zu versenken, was wäre da gewonnen: Ist er „tief innen drin“ nicht oft selbst jener „Beton“, den es nach Farbigkeit lechzt? Weniger Spirituelle können zuschauen, wie sich die alte Traum-Eule materialisiert. Und immer dichtet der Autor Jonas seine Titel mit dazu - etwa „Blauer Himmel schaut ins Watt, das wohl tausend Muster hat“. Makroskopisches also aus dem Mikrobereich, angesiedelt zwischen Technik und Natur, Blindheit und Hellsicht, Leben und Tod.
Kann man wirklich ganz verlässlich sagen, wer den „Zartherbstlichen Farbverlauf“ gemalt hat, die Werkstatt der Natur oder ein irdischer Künstler, und ob „Genesung nach dem Waldbrand“ nicht doch dem Archiv eines mikroskopierenden Biolehrers entfloh? Erstaunlich genug, wenn die Strukturen mit zunehmender Kameranähe immer abstrakter werden. Hier also beginnt das gemeinsame Grenzland von Kunst, Natur und Wissenschaft, selbst beim Fehlen der Träume. Schönheit gibt es eben nicht nur im Elysium, Schönheit ist einfach überall!
Die Ausstellung ist bis zum 21. November montags, mittwochs und freitags von 9 bis 17 Uhr, und donnerstags von 9 bis 19 Uhr geöffnet.
Gerold Paul
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