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Potsdam-Mittelmark: Ende des Blütentraums?

Werders Linke fürchten wegen höherer Brauchwasserpreise um den Obstbau / Rathaus hält dagegen

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Werder (Havel) - Es war ein dramatischer Appell, und er kam aus berufenem Munde: „Wer mit ,Obstgarten’ und ,Blütenstadt’ als Attribute für einen Erholungsort wirbt, der sollte nicht an der Preisschraube für das Wasser drehen“, sagte Hans Eckert, Fraktionschef der Linken, in Werders Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend. Eckert ist selbst Obstbauer und hat die Entwicklung seit 46 Jahren aktiv verfolgt. Zur kommenden Saison will die Stadt die Brauchwasserpreise erhöhen – die Höfe müssen mit Preissteigerungen von 20 bis 40 Prozent rechnen (PNN berichteten).

Die Brauchwasserversorgung hat in Werder eine lange Tradition: Von Glindow aus wird Havelwasser auf die Plantagen gepumpt. Das Glindower Wasserwerk und das 350 Kilometer lange Leitungsnetz werden seit einem Jahr vom kommunalen Wasser- und Abwasserzweckverband (WAZV ) betrieben. Davor war die Brauchwasserversorgung in den Händen eines von Obstbauern betriebenen Vereins – der damit völlig überfordert war. Eine erste Bestandsaufnahme führte zu erschreckenden Resultaten zum Zustand des Netzes, zur Finanz- und Datenlage. Selbst viele Grunddienstbarkeiten für die Leitungen sind ungeklärt. Die am Donnerstagabend gegen die Stimmen der Linken beschlossene Preiserhöhung ist eine der Konsequenzen.

Hans Eckert hielt entgegen, dass die Stadt schon mit den bisherigen Preisen nicht wettbewerbsfähig sei: Im günstigsten Tarif hatten die Obstbauern 51 Cent pro Kubikmeter bezahlt. „20 Cent kostet es für den Gemüsebauern in der Pfalz, 19,5 im Rheinland und 35 in Nordbayern“, sagte Eckert. Nur noch 150 Hektar Obstbauflächen werden im Havelland mit Brauchwasser versorgt. „Das ist geblieben von 3500 Hektar im Jahr 1989“, so Eckert. Die Schrumpfung sei auch für das Brauchwassernetz kaum zu bewerkstelligen gewesen. Der Brauchwasserverein sei jahrelang damit allein gelassen worden, die Stadt habe „zögerlich und halbherzig“ geholfen. „Wer den Obstbau, wenigstens in den Resten, als traditionelles Gewerbe erhalten will, der muss zumindest die wirtschaftlichen Probleme für die letzten Gartenbaubetriebe nicht noch durch Preiserhöhungen für Brauchwasser erhöhen“, sagte Eckert.

Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU) wies den Vorwurf der „halbherzigen Hilfe“ zurück. Die Stadt habe dem Brauchwasserverein zwei Darlehen im Umfang von 350 000 Euro erlassen. Im vorigen Jahr sei die Versorgung mit 87 000 Euro bezuschusst worden, in diesem Jahr sollen es 127 000 Euro sein. „Halbherzigkeit hat an anderer Stelle stattgefunden“, sagte Schröder mit Blick auf den Brauchwasserverein.

Bürgermeister Werner Große (CDU) nannte Eckerts Argumentation „ein starkes Stück“: „Diese Rede hätten sie vor zwölf Jahren halten sollen, da stand die Brauchwasserversorgung schon am Abgrund.“ Große sagte immerhin Unterstützung in Härtefällen zu. „Wenn es notwendig ist, nehmen wir nochmal 60 000 Euro in die Hand.“ Bis zum Jahresende will der WAZV ein Sanierungskonzept für die Brauchwasserversorgung vorlegen. Große: „Wenn ich hier nicht Bürgermeister wäre, würde ich sagen, wir sind völlig bekloppt, das Ding übernommen zu haben.“Henry Klix

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