
© Lutz Hannemann
Potsdam-Mittelmark: Entengeschnatter und Straßenlärm
Landesumweltamt kritisiert Baupläne für Teltows Kanalaue / Stadtverordnete hadern mit Bootsbauinvestor
Stand:
Teltow - Auf der einen Seite Idylle, auf der anderen Verkehrslärm? Das Landesumweltamt hat erhebliche Zweifel an Teltows wichtigstem Zukunftsprojekt, der Entwicklung der Kanalaue angemeldet: Der zunehmende Verkehr auf der am Teltowkanal gelegenen Oderstraße könnte die erträumte Idylle von Marina, edlen Restaurants, Geschäften und teuren Wohnungen zerstören. In seiner Stellungnahme zu den geplanten Bauvorhaben warnt das Amt vor einem neuen „Lärmsanierungsfall für die Zukunft“. Die Skepsis wächst: Auch immer mehr Stadtverordnete hegen Zweifel an dem, was Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) unter dem Titel „Brückenschlag zur Altstadt“ derzeit vorschwebt.
Dabei konnte Schmidt ihnen nach langer Suche erst unlängst einen Großinvestor für das Areal präsentieren: Ein Betrieb aus Berlin, der sich auf die Reparatur und Lagerung von Yachten spezialisiert hat, will sich am Teltowkanal ansiedeln. Angesichts der geplanten Marina eine passende Idee. Um das Projekt zu beschleunigen, sollte das Bebauungsplanverfahren in Teilabschnitten weiterbearbeitet werden. Im Westen würde der Bootsbau entstehen, im Osten die Marina und entlang der Oderstraße Wohnungen. Der Haken: Der namentlich nicht genannte Betrieb plant eine gewaltige 100 Meter breite und 80 Meter lange Halle samt Krananlage auf dem wertvollen Baugrund – nicht gerade das, was sich die Stadtverordneten vorstellen. „Das ist keine Belebung der Altstadt“, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Die Kritik kam an: In der jüngsten Bauausschusssitzung zog der Bürgermeister den Abwägungsbeschluss zum B-Planverfahren zurück.
Vor anderthalb Jahren hatte Schmidt die Entwicklung des „Erlebnisraums“ an der Kanalaue zur Chefsache erklärt. Das Gelände ist das letzte freie Filetstück, das Teltows Stadtplaner am Rande der historischen Altstadt noch zu bieten haben. Gleichzeitig ist es der wohl am schönsten gelegene Baugrund in Teltow, leider in direkter Nachbarschaft der Umgehungsstraße. Das Bebauungsplanverfahren für das Areal ist Anfang 2010 angelaufen. Das Planwerk sieht neben dem Bootslager und den Bootsbauhallen am westlichen Ende vor allem zwischen Jahn- und Badstraße eine touristische Nutzung sowie Wohnbebauung und Gewerbe vor. Rechts und links der Oderstraße könnten Wohnungen entstehen, entlang des Ufers soll sich ein Wanderweg ziehen, kleine Wege die Teltowkanalaue mit der Oderstraße verbinden.
Das Landesumweltamt sieht vor allem in der geplanten Bebauung entlang der Oderstraße große Probleme: Schon jetzt könnten die Lärmgrenzwerte an der auch Nordspange genannten Umgehungsstraße nicht eingehalten werden. Gesundheitsgefährdender Verkehrslärm von mehr als 70 Dezibel wurden festgestellt. „Die Nordspange wurde auch geschaffen, um die vom Verkehrslärm und Luftschadstoffen stark belasteten Bewohner der Altstadt zu entlasten – nun wird der dort gerade gelöste Konflikt neu geschaffen“, moniert die Behörde in ihrer Stellungnahme. Sollten die Bauten wie geplant entstehen, müssten die Wohnungen schallgeschützt, Schlafzimmer gar schallgedämmte Lüftungen erhalten.
Der Verkehrslärm ist nicht das einzige Problem: Auch der nahegelegene Fußballplatz und das Betonwerk stellten Lärmquellen dar, die zu Konflikten mit den neuen Bewohnern der Kanalaue führen könnten. Zwar sollen die Gebäude und Hallen der Betonwerk Teltow GmbH laut B-Plan abgerissen werden, das scheint jedoch nicht sicher: Tatsächlich sei die Betriebsgenehmigung für das Werk nicht erloschen, die Auftragslage gut. So fragt das Amt, ob die Stadt überhaupt von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen sei.
Im Rathaus setzt man nun auf einen Strategiewechsel: Die Stadtverordneten soll bei dem Großprojekt unbedingt mit ins Boot geholt werden. Die Projektkoordination soll sich verbessern und die Politiker auf einer seperaten Informationsveranstaltung über alle Pläne und Ideen unterrichtet werden, um dem Bebauungsplanverfahren neuen Schwung zu geben.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: