Potsdam-Mittelmark: Entspannen im Snoozel-Raum
Aus dem ehemaligen Evangelischen Krankenhaus wurde eine Förderschule
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Teltow – In den vergangenen fünf Jahren war Bohren und Hämmern Alltag in der Förderschule „Hans Christian Andersen“ auf dem Gelände des Evangelischen Diakonissenhauses. Es war stressig, bekundeten gestern zum feierlichen Abschluss der Sanierung Schüler und Lehrer. Doch es gab auch Lob für die einfühlsamen Bauleute, die bei mancher Lesestunde den Hammer beiseite legten, um sich leiseren Arbeiten zu widmen. Abschnittsweise wurde der ehrwürdige Klinkerbau saniert, in dem früher einmal ein Krankenhaus war. Rund 1,5 Millionen Euro flossen in den Umbau. Drinnen bieten sich farbige Überraschungen von Rot- bis zu zarten Gelbtönen, die auch der Orientierung dienen.
Das Farbenfeuer entspricht ganz dem Temperament seiner quirligen Nutzer. Rund 80 Kinder und Jugendliche mit geistiger und sogenannter schwerstmehrfacher Behinderung werden in der evangelischen Ganztagsschule unterrichtet. Neun Klassen sind auf zwei Etagen untergebracht, die älteren Schüler erhalten bereits Unterricht in den benachbarten Werkstätten. Auf dem Stundenplan stehen nicht nur Lesen, Schreiben und Mathe, sondern auch Einkaufen, Kochen und Backen. Das gehört zu einem lebensnahen und handlungsorientierten Unterricht. Jede Klasse verfügt jetzt über zwei Räume, in denen sich außerdem eine Küchenzeile befindet. Die Mittelstufe hat bereits ihr Domizil bezogen und die Regalfächer eingeräumt. Ein Foto, auf dem sie sich selbst als „Ritter der Schwafelrunde“ bezeichnen, hängt an der Wand und gegenüber verkündet der „Ämterplan“, wer Blumen gießen soll und Tischdienst hat.
Im „Haus Tannenhof“, dem einstigen Schulhaus, nutzten alle gemeinsam eine Küche und mussten das Geschirr über lange Flure transportieren, berichtete Lehrerin Gudrun Kunze. Sie und ihre Kollegen haben jetzt ein Lehrerzimmer, „wo wir uns auch mal untereinander austauschen können“. Jahrelang waren die einzelnen Klassen in unterschiedlichen Häusern auf dem Stammgelände aufgeteilt. Nun treffen sich alle täglich zum Morgenkreis im großen Mehrzweckraum, um sich musikalisch auf den Tag einzustimmen. Auch für Ergotherapie bietet das Haus jetzt Platz, ebenso für Physiotherapie und Logopädie.
Eine Besonderheit ist der „Snoozel-Raum“, ein Zimmer mit Wasserbett zum Entspannen mit Musik und Lichtreflexen. Solche körpernahen Reize helfen vor allem Kindern mit Spastik. Aber auch bei Konzentrationsschwierigkeiten, die sich durch Müdigkeit und Unlust äußern, lernen Kinder in diesem Raum wieder zur Ruhe zu kommen und ihre Sinne wahrzunehmen.
Die Einweihungsfeier bot gestern auch Gelegeheit zur Rückschau. Eine Fördertagesstätte für geistig behinderte Kinder und Jugendliche gab es im Diakonissenhaus bereits von 1973 bis 1991. Im gleichen Jahr eröffnete die Förderschule mit 20 Schülern. Die individuelle Betreuung sprach sich herum, und als die Pläne für den Umbau geschmiedet wurden, waren es 72 Schüler, deren Zahl sich nun bereits auf über 80 erhöhte. Das Ende ist nicht absehbar und es gibt bereits Visionen das Dach auszubauen.
Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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