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Hat sie gewildert? Laut Jäger war Stella hinter einem Reh her, Spuren davon wurden aber nicht gefunden.

© Privat

Teltow: Erschossene Hündin: Welche Strafe erwartet den Jäger?

Vor einem Jahr wurde die Labradorhündin Stella erschossen - von einem Jäger. Laut Staatsanwaltschaft ist der Mann schuldig, er selbst sieht das aber nicht so. Doch wie hoch wird das Strafmaß ausfallen?

Stand:

Teltow - Zwölf Grad minus waren an jenem Januarabend, Hundeblut verfärbte den Schnee. Es ist ein Jahr her, dass die fünfjährige Labrador-Hündin Stella von einem Jäger erschossen wurde. Für die Potsdamer Staatsanwaltschaft steht die Schuld des 80-jährigen Peter F.* inzwischen fest, sie hat beim Amtsgericht einen Strafbefehl beantragt. Peter F. wird vorgeworfen, den Hund vorsätzlich und ohne erkennbaren Grund erschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und Sachbeschädigung – Tiere gelten strafrechtlich als Sachen.

Was sich an jenem Abend des 25. Januar 2014 in den Buschwiesen abgespielt hat, dazu gab es von Peter F. und Marko R. unterschiedliche Versionen. Die Ermittler scheinen eher der des Hundehalters zu vertrauen. Was sagt der Jäger? Vieles davon wurde schon zu Beginn der Ermittlungen bekannt, manches erst in den vergangenen Wochen. Peter F. hatte erklärt, an jenem Abend auf einem Hochsitz gewartet zu haben. Für Hunde, so der Jäger, herrsche in dem Bereich Leinenzwang. An einer Futterstelle in 50 Metern Entfernung waren Kastanien und Eicheln ausgestreut. Gegenüber der Polizei hatte der Jäger angegeben, Stella beim Wildern erwischt zu haben. Um ein Reh vor den Bissen des Hundes zu schützen, habe er geschossen.

Wildernde Hunde dürfen erschossen werden

Die Jagdwaffe war mit Hochgeschwindigkeitsmunition geladen, die unkontrolliert wieder aus dem Zielkörper austritt. Dass der Hund von seinem Herrchen begleitet worden war, wollte Peter F. nicht erkannt haben. Wildernde Hunde dürfen unter gewissen Umständen von Jägern geschossen werden. Als die Polizei am Tatort auftauchte, fand sie Stella mit einer tellergroßen Schusswunde im Vorderlauf vor. Das Schultergelenk war zertrümmert, Muskelstränge zerstört. Der Tierarzt erlöste Stella, die viel Blut verloren hatte, von ihren Qualen. Peter F. bot dem aufgebrachten Marko R. sofort einen Vergleich an, um einer Strafanzeige zu entgehen. Der ließ sich nicht darauf ein.

Marko R. erzählte eine völlig andere Version von jenem Abend. Nach seinen Angaben befand er sich in einem Bereich der Buschwiesen, in dem kein Leinenzwang für Hunde galt. Er habe von dem Hochstand gewusst, habe aber auf dem Platz, wo die Jäger normalerweise ihr Auto abstellen, kein Auto gesehen. Schnee habe gelegen, es sei noch nicht ganz dunkel gewesen. Marko R. beschreibt, wie Stella im Bereich des Hochsitzes umhergeschnüffelt habe, zur Futterstelle gelaufen sei. Dann sei ein Schuss gefallen – nicht aus der Richtung des Hochsitzes, sondern über den Feldweg hinweg, auf dem sich Marko R. befand. Marko R. stand demnach im Schussfeld.

Zweifel an der Version des Jägers

Er beschreibt eine Uhr, auf deren Zeigerwelle er stand. Der Hund habe zehn Meter entfernt auf acht Uhr gestanden, der Jäger aus zwanzig Meter Entfernung von ein Uhr geschossen. Es ist just der Platz, an dem Peter F. an diesem Tag sein Auto abgestellt hatte, woanders als sonst, aber in Sichtweite der Futterstelle. Die Entfernung zwischen Jäger und Hund hat demnach 35 bis 40 Meter betragen. Nach dem Schuss war Stella noch jaulend zu ihrem Herrchen gehumpelt. Hat Peter F. es bei klirrender Kälte vorgezogen, vom Auto aus auf Wild zu warten? Es ist eine Frage, die womöglich nicht beantwortet werden kann. Immerhin hatten die Ermittler offenbar Zweifel an der Version des Jägers, an der er nach Angaben der Potsdamer Staatsanwaltschaft bis zum Schluss festgehalten habe. Leinenzwang war in dem Bereich nicht ausgeschildert, im Dunkeln aus 50 Metern Entfernung einen Labrador zu treffen, der mit einem Reh ringt, wäre auch für einen Meisterschützen eine grandiose Leistung. Konnte sich der Jäger wirklich sicher sein, dass es sich um einen herrenlosen Hund gehandelt hat, auf den er schießen durfte? Musste er nicht damit rechnen, dass ein Hundehalter in der Nähe war? Die Staatsanwaltschaft gibt Peter F. zumindest in einem recht: Dritte seien nicht gefährdet worden.

Strafbefehle sind meist mit milderen Strafen verbunden. Sie können angenommen werden, wenn es sich um leichtere Kriminalität handelt und auf eine mündliche Hauptverhandlung verzichtet werden kann. Oft sind sie mit Geldstrafen, manchmal mit bis zu einjährigen Bewährungsstrafen verbunden. In diesem Fall wollte die Potsdamer Staatsanwaltschaft noch keine Angaben zum beantragten Strafmaß machen. Dass eine Strafe fällig ist, steht für die Ermittler allerdings fest. Für den Hundehalter könnten sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben.

Kein Hinweis auf eine Hetzjagd

Ein Knackpunkt der Ermittlungen war der Obduktionsbericht von Stella, die für alle Fälle immer noch in der Tierpathologie der Freien Universität Berlin eingefroren ist. Anhaftungen anderer Tiere wurden an Stellas Maul, Schleimhaut und Zähnen nicht entdeckt, lediglich ein abgerissenes Laubblatt. Am Einsatzort hatten die Polizisten auch nur Blutspuren von Stella gefunden, keine Hinweise auf ein Reh oder eine Hetzjagd, wie sie Peter F. dargestellt hatte. Ob der Vorfall jagdrechtliche Konsequenzen hatte, wollte das Landratsamt auf Anfrage nicht beantworten. Peter F. soll, wie es heißt, zumindest in den Buschwiesen nicht mehr gesehen worden sein. Gegenüber den PNN wollte er sich nicht äußern.

In den Gremien der Teltower Stadtverordnetenversammlung wird derweil ein CDU-Antrag diskutiert, den im Landschaftsschutzgebiet geltenden Leinenzwang für Hunde besser auszuschildern. Darüber hinaus hat die Verwaltung einen Flyer „Teltow mit Hund“ entwickelt. Darin geht es neben Anmeldung, Gebühren und gefährlichen Rassen auch darum, in welchen Teltower Stadtgebieten Hunde anzuleinen sind. (*Name geändert)

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