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Potsdam-Mittelmark: „Es gab den Unfall wirklich“

Staatsanwaltschaft geht bei Vorgang in Ferch von versuchtem Versicherungsbetrug aus

Stand:

Staatsanwaltschaft geht bei Vorgang in Ferch von versuchtem Versicherungsbetrug aus Ferch/Potsdam. Vehement beteuern Lars G.* (26) und Nico A.* (23) vor Gericht, keine Betrüger zu sein. Doch genau das legt ihnen der Staatsanwalt zur Last. Die jungen Männer sollen im Mai 2002 versucht haben, die Versicherungsgesellschaft Universa um stattliche 4982 Euro zu erleichtern, indem sie sich folgende Story ausgedacht hätten: Am 4. Mai 2002 kam es in der Nähe der Haltestelle Flottstelle Ferch zu einer Karambolage zwischen dem von Lars G. geführten Kleintransporter und dem BMW von Nico A., wobei dieser Totalschaden erlitt. Tatsächlich – so die Ermittlungsbehörde – stammen die Dellen und Schrammen an dem Pkw von älteren Crashs. Der Coup ging gründlich in die Hosen. Die aufmerksam gewordene Versicherung zahlte nicht, erstattete dafür Anzeige gegen das phantasievolle Duo. Der Staatsanwalt verliest gleich noch eine weitere Anklage gegen Lars G. Der Arbeitslose soll in der Nacht des 7. Januar 2003 in erheblich alkoholisiertem Zustand zwei Polizeibeamte als „Pisser, Affen, Pinguine, Kasper, Idioten und Holzköpfe“ tituliert haben. Als die in ihrer Ehre gekränkten Ordnungshüter die Personalien des Pöblers feststellen wollten, habe der sich derart heftig zur Wehr gesetzt, dass er nur durch den Einsatz von Reizgas und das Anlegen von Handfesseln zur Räson gebracht werden konnte. „Es gab den Unfall wirklich“, beteuert Lars G. „Ich kann gar nicht verstehen, wie es überhaupt zu der Anklage kam“, schiebt Nico A. nach. Seiner Ansicht nach habe der von der Versicherung beauftragte Gutachter schlampig gearbeitet. Nun schiebe man ihnen fälschlicherweise die Schuld in die Schuhe. „Lars G. nahm mir die Vorfahrt und touchierte meinen BMW vorne rechts. Dadurch verlor ich die Kontrolle über den Wagen und prallte auf der linken Straßenseite gegen einen Baum.“ Der sei inzwischen allerdings von der Forstbehörde abgesägt worden. „Mein Transporter war vorne links eingedellt“, berichtet Lars G. Der vom Gericht eigens beauftragte Experte blättert stirnrunzelnd in seinem Gutachten. „Das Schadensbild passt nicht mit dem von den Angeklagten geschilderten Unfallgeschehen überein“, stellt er klar. Der BMW sei an der vermeintlichen Anstoßstelle nur leicht verbeult. „Wäre er wirklich mit dem Kleinlaster kollidiert, müsste man von einer relativ starken Deformation ausgehen.“ Auch die angeblich von der Berührung mit dem Straßenbaum herrührende Schramme korrespondiere keinesfalls mit den tatsächlichen „fein strukturierten Streifenbeschädigungen“ an der linken Seite des BMW. „Im übrigen habe ich unmittelbar nach dem Unfall bei einer Ortsbesichtigung keinen Hinweis auf eine Baumfällung gefunden.“ „Sie bleiben bei ihrer Version?“, fragt Amtsrichter Eckart die Herren auf der Anklagebank. Lars G. und Nico A. sind wild entschlossen, ihre Unschuld zu beweisen. „Wir beantragen eine Stellungnahme der zuständigen Forstbehörde, dass der Baum zwischen dem 5. Mai und dem 31. Juli 2002 entfernt wurde“, betonen die ohne Verteidiger zur Verhandlung Erschienenen im schönsten Juristendeutsch. „Falls sich der Anklagevorwurf bewahrheitet, wird das ganz schön teuer für Sie“, warnt der Vorsitzende ein letztes Mal und setzt als neuen Verhandlungstermin den 7. Juni fest. Gabriele Hohenstein (* Namen von der Redaktion geändert.)

Gabriele Hohenstein

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