Potsdam-Mittelmark: „Es sind immer noch Wünsche offen“
Werders Stadtbrandmeister Lothar Boreck über die Stützpunktfeuerwehr, Erwartungen an die Wirtschaft und den Nachwuchs
Stand:
Werder (Havel) ist seit 100 Tagen Stützpunktfeuerwehr. Zehn der 19 Feuerwehren im Landkreis haben den Status erhalten. Landesweit sollen für Stützpunktfeuerwehren jährlich insgesamt fünf Millionen Euro bereitgestellt werden. Was hat sich für Sie verändert?
Für die Feuerwehr in Werder hat sich nichts verändert, der Status zeigt ja nur die bestehenden Tatsachen an: ein überregionales Einsatzgebiet, entsprechende Ausrüstung, ein hoher Ausbildungsstand und durchgängige Einsatzbereitschaft. Nur haben wir jetzt nach dem Wegfall der früheren GFG-Zuschüsse endlich wieder Zugriff auf Fördermittel. Wir haben zum Beispiel im kommenden Jahr die Möglichkeit, in Bliesendorf für 220 000 Euro ein ausgedientes Tanklöschfahrzeug vom Typ W 50 auszutauschen. Die Stadt zahlt 50 Prozent Eigenanteil.
Sind Sie als „Stützpunktfeuerwehr“ also wunschlos glücklich?
Es sind immer noch Wünsche offen. Ich denke zum Beispiel an ein leistungsstärkeres Boot, das kostet 27 000 Euro. Werder ist zu einem Gutteil von Wasser bedeckt, aber wenn wir bei Unwetter mit unserem Schlauchboot Hilfe leisten oder ein havariertes Boot an Land holen, bringen wir uns selbst in Gefahr. Wir werden für solche Investitionen nicht immer die Hand aufhalten können, zumal die Stadt derzeit in ein neues Feuerwehrdepot in Werder investiert und auch nach dem Brand in Glindow im vorigen Jahr ein Neubau notwendig sein wird. Ich würde mich deshalb freuen, wenn wir es in diesem Jahr noch bewerkstelligen, einen Förderverein für die Feuerwehr zu gründen. Sponsorenmittel für das Boot könnten die erste Aufgabe eines solchen Vereins sein. Wenn ich daran denke, wie viele Marinas wir in Werder haben, frage ich mich, ob da nicht ein Interesse an mehr Sicherheit bestehen müsste.
Die Wirtschaft ist auch an anderer Stelle gefragt, wenn es um die Feuerwehren geht: Die Appelle sind nicht neu, die Freiwilligenarbeit durch Freistellungen stärker zu unterstützen.
Wir haben in Werder ein einigermaßen gutes Personalpolster, da die Stadtarbeiter und Schulhausmeister Angehörige der Feuerwehr sind. Bei Neueinstellungen will die Stadt auch künftig darauf achten. Ansonsten ist es wie überall: Die Arbeitgeber lassen ihre Angestellten selten weg. Wir haben mit der Scharnow Galvanik GmbH ein positives Beispiel, darüber hinaus sieht es schwierig aus: Sicher gibt es Probleme, wenn auswärts gearbeitet wird. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, fehlt das Bewusstsein für die Feuerwehrarbeit. Mancher Arbeitgeber wird erst munter, wenn er selbst betroffen war. Ich erinnere mich deshalb gerne daran, dass die Freiwillgen Feuerwehren mal von Handwerksbetrieben zur Gefahrenabwehr gegründet wurden: Die Handwerksgesellen wurden zur Feuerwehr geschickt, Meister hatten Führungsfunktionen. Dahin würde ich gern ein bisschen zurückkommen.
Eine der wichtigsten Leistungen in Ihrem ersten Jahr als Stadtbrandmeister war der Aufbau von Jugendfeuerwehren in Werder und Glindow. Sind sie damit zumindest von Nachwuchssorgen befreit?
Unsere Personalprobleme sind damit nicht beseitigt, auch wenn uns einige Jugendfeuerwehrleute nach ihrer Ausbildung sicher erhalten bleiben. Durch die Lehre und Ausbildung oder Familiengründung gibt es viele Wegzüge, und bei manchen ändern sich auch noch die Interessen. Wir sind deshalb bemüht, noch interessierte Bürger für die Feuerwehr zu gewinnen.
Das Gespräch führte Henry Klix
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