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Potsdam-Mittelmark: Es wird, was sein sollte

Endlich bekommt die Hakeburg die ihr einst zugedachte Bestimmung – eine Satire

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Prost! Es ist vollbracht. 100 Jahre mussten vergehen, bis die Kleinmachnower Hakeburg endlich die Bestimmung bekommt, für die sie ursprünglich geplant und gebaut wurde. Schon ihr Architekt, der Geheime Hofbaurat Bodo Ebhardt empfahl seinem Auftraggeber Dietloff von Hake, von „heuchlerischer Einfachheit“ abzusehen. Nicht kleckern, sondern klotzen, hätte er wohl heute gesagt.

So ist es geschehen: Ebhardt setzte eine riesige Burg in den Wald und Dietloff ließ es in der Hütte richtig krachen. Bis das Geld alle war. Dann zog der Chef der Teltower Porzellanfabrik ein und feierte bis auch er pleite war. Schon damals war es schwer, Pacht und Unterhalt für das Schloss zu zahlen. Deshalb wurden Haus und Hof verkauft. Über zwei Millionen Reichsmark legte Hitlers Reichspostminister Wilhelm Ohnesorge für die Hakeburg hin. Eigentlich hat er sie gar nicht gebraucht, denn er hatte eine hübsche Wohnung in Berlin-Charlottenburg. Doch ließ sich hier draußen super Party machen - mitten im Wald, ungestört und wenn der Herr Minister mal einen über den Durst getrunken hatte, gab''s genügend Zimmer – 40 sollen es gewesen sein – für ein Nickerchen. Offiziell ist dann die geheime Forschungsanstalt auf dem Seeberg entstanden, die Hakeburg wurde als Dienstwohnung getarnt.

Nach dem Krieg wurde es turbulent. Erst sollte in die Hakeburg ein Spielkasino. Roulette und Bakkarat. Die Presse hetzte. Das Kasino sei nur für angeberische Großstädter, die hier ihre „dicke Marie ... auf dem Tisch knallen“. So soll es im „Der Morgen“ gestanden haben. Aus der Spielhölle wurde nichts. Stattdessen nannte sich die Hakeburg fortan Parteihochschule Karl Marx. „Theorie und Praxis“ wurden hier gelehrt. Am Tag schön den wissenschaftlichen Sozialismus gepaukt und am Abend Praxisseminar: Bruderschaftssaufen! Wodka für die Dienstreisen nach Moskau, Becherovka für die Gastbesuche in der CSSR und Rosenthaler Kadarka für die Freundschaftstreffen in der Volksrepublik Bulgarien. Was wurde hier gezecht. Und ganz nebenbei, in berauschter Stimmung wurde – wie einst in blaublütiger Adelslinie – jetzt der linientreue Nachwuchs gezeugt.

Nach dem Mauerbau, als sich auf der Hakeburg der Joliot-Curie-Klub einrichtete und sich hier Künstler und Intellektuelle in illustren Runden trafen, wurde in der Geschichte der Burg ein Meilenstein gesetzt. Eine Gaststätte eröffnete. Es gab sowjetischen Cognac, Weinbrand Edel, Radeberger Pilsner, Kaviar und Krebsfleisch. Aber das war dekadent und somit noch nicht reif für Identitätsfindung der Hakeburg. Also wurde sie die „Karl-Liebknecht-Sonderschule“. Parteifunktionäre drückten hier die Schulbank - und: Genossen aus Chile und Nikaragua, Afrika und Asien. Aber auch Kommunisten aus Österreich, der Schweiz und Belgien bekamen hier die Strategie und Taktik der SED erklärt. Es wurde also multikulturell und real: Statt Verschnitt gab''s endlich richtigen kubanischen Rum, die Jungs aus Fernost schleppen den Reisschnaps ran, die Ösis nen richtigen Obstler und die Schweizer Kräuterbonbons für den Tag danach. Gleichzeitig diente die Hakeburg als Gästehaus für Staatsbesuche. Fidel Castro soll bei seinem Aufenthalt die Nächte durchgemacht haben. Und die Idee für „Wodka Gorbatschow“ ist in jener Nacht entstanden, als Gorbi auf der Hakeburg logierte.

Nach der Wende sollte endlich öffentlich werden, was so viele Jahre so halb im Verborgenen lag: Die Hakeburg sollte eine gastronomische Einrichtung werden – ein bisschen Weinkeller, etwas Restaurant, ein wenig Kneipe ... Es gab einige ungeschickte Versuche. Und als das Gebiet um das Schloss mit den drei Buchstaben LSG versehen wurde, meinten einige tatsächlich, dies bedeute jetzt Landschaftsschutzgebiet und es darf alles nur noch behutsam gemacht werden. Und gebaut werden dürfe schon gar nicht mehr. Seitdem blockieren sie jeden Versuch, das Terrain wirtschaftlich zu nutzen.

Hätte der Geheime Hofbaurat Ebhardt schon damals keinen schrägen Wiesenhang vor der Burg angelegt, auf dem jedes Bierfass runterkullert, sondern gleich eine weitläufige und vor allem ebenerdige Kiesterrasse, hätte Diethloff schon damals noch mehr Platz zum Feiern gehabt. Hätte er mal wirklich richtig geklotzt. So ist das heute alles viel zu klein und zu eng. Heute erkennen die meisten Kleinmachnower Volksvertreter zum Glück, dass nur durch eine Wirtschaft die Hakeburg wirtschaftlich zu betreiben ist, weshalb sie dem neuen Eigentümer auch erlauben, neben der bescheidenen Burg ein respektables Gästehaus zu bauen und über die Wiese Kies zu schütten und einen Biergarten zu eröffnen. Genauso wie es die Buchstaben LSG verlangen: Lustige, spritzige Gastwirtschaft. Schon freut sich die Ortspolitik über lauwarmen Kartoffelsalat und Bratwurst am Machnower See, die endlich auch der gemeine Kleinmachnower hier bekommt. Nörgelnde meinen, der Seeberg mit seinen historischen Gebäuden und seiner umgebenden Natur werde dadurch verkannt. Das stimmt nicht. Das Hakeburg-Gelände wird endlich das, wozu es historisch bestimmt worden ist: Ein Zeugnis auf den Verzicht auf „heuchlerische Einfachheit“.

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