
© Manfred Thomas
Potsdam-Mittelmark: Essen wie Friedrich in Potsdam
Die Kleinmachnower Bäkemühle bietet im Jubiläumsjahr Kochkurse nach historischen Rezepten an
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Kleinmachnow - Sechs hungrige Menschen stehen am frühen Abend in der noch blitzsauberen Showküche des Restaurants Bäkemühle in Kleinmachnow. Sie alle wollen hier heute kochen wie zu Friedrichs Zeiten, das verspricht das neue Kursangebot des Restaurants. Das, was die Menschen am Hofe von Friedrich II. gegessen hätten, sei unseren heutigen Gerichten in vieler Hinsicht erstaunlich ähnlich, erklärt der Betreiber der Bäkemühle Ronny Pietzner. Er beschäftigt sich nicht erst jetzt zum 300. Geburtstag von Friedrich II. mit den historischen Kochgewohnheiten, gräbt alte Rezepte aus. Einer der gravierendsten Unterschiede seien die Mengen, erzählt Pietzner: „Wenn wir heute 200 Gramm Fleisch auf dem Teller haben, waren es bei Friedrich 1300 Gramm.“ Klar, dass es bei den Adligen damals öfter zu Magenverstimmungen kam.
Das Drei-Gänge-Menü, das die Kursteilnehmer zubereiten sollen, wird sich bei den Portionsgrößen aber an der modernen Küche orientieren. Übersichtlich und kunstvoll arrangiert. Und auch bei der Zutatenauswahl hält sich Küchenchef Steffen Stadthaus nicht sklavisch an die historischen Vorlagen. Doch zunächst werden die Aufgaben verteilt. Angefangen wird mit dem Dessert, denn das Vanilleparfait braucht Zeit zum Abkühlen. Zuvor aber wird die dicke Eier-Zuckermasse auf dem heißen Wasserbad von Hand schaumig geschlagen – in der warmen Küche eine schweißtreibende Arbeit. Aber nur so bekommt das Eis später eine feste Konsistenz, durch das Erhitzen werden nebenbei aber auch mögliche Keime im rohen Ei abgetötet. Eis habe auch Friedrich II. schon gegessen, allerdings kein cremiges Sahneeis. „Er ließ sich Eisblöcke aus den Alpen liefern, die dann klein gehackt und mit Fruchtpürree angereichert wurden“, erklärt Pietzner.
Inzwischen ist auch das Team für die Vorspeise fast fertig. Die Perlhuhnrouladen schwimmen, eng mit Folie umwickelt, in siedendem Wasser. Die Füllung besteht – natürlich – aus Senf, aber auch Kräuter und ein Blatt gepresste Algen, wie es für Sushi verwendet wird, sind mit verarbeitet. Ob der Alte Fritz schon Algen kannte? Egal, zusammen mit heißen Pfefferkirschen werden jetzt die Rouladen angerichtet. Stadthaus würzt noch schnell nach: Jedes Scheibchen Perlhuhnfleisch bekommt ein kleines Glas übergestülpt, unter das Stadthaus ein wenig Rauch pustet. Das Fleisch nimmt so in letzter Sekunde noch ein zartes Raucharoma an.
Fisch und Fleisch seien zu Friedrichs Zeiten vor allem in haltbarer Form verzehrt worden, erzählt Stadthaus. Vieles wurde geräuchert, eingesalzen, eingekocht oder mit viel Fett eingelagert – und war oft, wenn es dann auf den Tisch kam, trotzdem schon an den Grenzen seiner Haltbarkeit. Mit dem Kartoffelgratin, das als Beilage zu dem mit Speck umwickelten Rinderfilet dient, kommt dann endlich das Nahrungsmittel ins Spiel, das wie kein anderes mit dem Alten Fritz assoziiert wird. Er führte die nahrhaften Knollen vor allem für den „hungernden Pöbel“ ein. So verfeinert, wie für das Gratin, bei dem die hauchdünnen Scheiben in Sahne gebacken werden, hat er sie aber vermutlich auch selbst gegessen.
Unter den Kursteilnehmern entspinnt sich inzwischen eine Diskussion um den neuen Ruhm, zu dem Friedrich II. gerade gelangt. „Der 200. Todestag wurde nicht so groß gefeiert, erinnert sich einer der Kursteilnehmer. 1986, so vermutet er, war die Instrumentalisierung Friedrichs durch die Nationalsozialisten noch zu präsent. Dass man heute unverkrampfter mit der historischen Figur umgehe, sei positiv, da sind sich alle am Tisch einig.
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